Thema des Tages

08-09-2021 08:20

Ein nasser Sommer 2021 in Deutschland - aber überall (Teil 1)?

In diesem Jahr erlebten wir in Deutschland einen recht nassen Sommer.
Doch wo waren die Abweichungen vom Durchschnitt besonders hoch und
gab es auch zu trockene Regionen? Diesen Fragen gehen wir in einem
zweiteiligen Thema des Tages nach, wobei wir uns heute zunächst den
nassen Regionen widmen.

Nach den drei trockenen Sommern 2018, 2019 und 2020 gestaltete sich
der Sommer 2021 in Deutschland unbeständig und regenreich (s.a. die
kürzlich erschienene Pressemitteilung zum "Deutschlandwetter im
Sommer 2021"). Teilweise nahm der Regen sogar extreme Ausmaße an, was
nicht folgenlos blieb - von lokalen Überschwemmungen bei heftigen
Gewittern bis hin zur Flutkatastrophe im Westen Deutschlands. Im
deutschlandweiten Flächenmittel kamen insgesamt 305 l/qm zusammen und
damit 27% mehr als die vieljährigen Mittel der Jahre 1961-1990 (239
l/qm) und 1991-2020 (241 l/qm). Somit handelte es sich zwar um einen
relativ nassen, aber keinesfalls extrem nassen Sommer. In der 130
Jahre langen Messreihe seit 1881 rangiert der Sommer 2021 "nur" auf
Platz 17. Dem Spitzenreiter aus dem Jahre 1882 mit 358 l/qm konnte er
(im wahrsten Sinne des Wortes) nicht das Wasser reichen.

Dabei gab es beachtliche regionale Unterschiede. Die größten
positiven Abweichungen vom vieljährigen Mittel wurden im Süden
Sachsen-Anhalts und den angrenzenden Regionen Sachsens und Thüringens
sowie in der Uckermark, in Teilen Mittel- und Unterfrankens und in
der Eifel verzeichnet. In diesen Regionen fiel teils mehr als das
doppelte der sonst üblichen Regenmenge im Sommer. Die größte
Abweichung zum vieljährigen Mittel meldete Weißenfels an der Saale
mit 237% (384 l/qm). Die nasseste Ecke Deutschlands war hingegen wie
in den meisten Jahren der unmittelbare Alpenrand, wo 600 bis 900 l/qm
Regen fielen. Spitzenreiter war hier die Obere Firstalm nahe des
Spitzingsees mit 952 l/qm, was aber nur 36% über dem vieljährigen
Mittelwert dieser Station liegt.

Alle drei Sommermonate (Juni, Juli, August) waren nasser als die
jeweiligen Durchschnittmonate, jedoch auch hier mit recht großen
regionalen Unterschieden (siehe beigefügte Abbildung). Der Juni fiel
vor allem südlich von Main und Mosel sowie in der Uckermark deutlich
zu nass aus. In Ludwigsburg/Uckermark regnete es mit 209 l/qm mehr
als das 3,5-fache des "normalen" Monatsniederschlags, was vor allem
auf ein Starkregenereignis zum Monatsende zurückzuführen war, bei dem
in dieser Region verbreitet 100 bis über 150 l/qm innerhalb von etwa
12 Stunden vom Himmel prasselten. Dass trotz dieser immensen
Regenmengen größere Überschwemmungen ausblieben, lag vor allem an der
flachen Landschaft sowie den sandigen Böden in der Region, die es
ermöglichten, dass der Regen zu einem großen Teil versickern konnte.
Eine noch größere Abweichung wurde allerdings in Rheinhessen
registriert, wo in Bad Dürkheim mit 230 l/qm fast die 4-fache
Monatsmenge (396%) gemessen wurde. Auch in den mittleren Landesteilen
sind dunkelblaue oder violette Kleckse zu erkennen, die meist mit
lokal heftigen Gewittern zu erklären waren.

Die größten Abweichungen im insgesamt ebenfalls nassen Juli wurden im
Westen und dort insbesondere in der Eifel und in der Kölner Bucht
beobachtet, wo etwa das 3-fache der sonst üblichen Regenmenge fiel
(z.B. Rodder/Eifel: 333% [230 l/qm], Köln-Stammheim: 294% [235
l/qm]). Am 14. Juli kam es in dieser Region zu einem Jahrhundertregen
mit verbreitet 100 bis teils über 150 l/qm, was das verheerende
Hochwasser an der Ahr, der Erft und weiteren kleineren Flüssen im
Westen zur Folge hatte. Interessanterweise war dieses Regenereignis
vergleichbar mit dem beschriebenen Regen in der Uckermark zwei Wochen
zuvor. Dass die Auswirkungen ungleich schlimmer ausfielen, lag v.a.
an der Orographie mit engen Flusstälern, in die das Wasser gebündelt
abfloss. Zudem stechen, wie schon im Juni, die Regionen südlich der
Alb sowie im westlichen Mittelfranken mit großen positiven
Abweichungen ins Auge. An den linken Nebenflüssen der Regnitz kam es
Anfang des Monats ebenfalls zu schlimmen Überschwemmungen mit neuen
Rekordpegelständen, was zum einen mit heftigen Niederschlägen (bis
100 l/qm in 24 Stunden) sowie den bereits aus dem nassen Juni
weitgehend gesättigten Böden zu erklären war. Der meiste Regen wurde
am östlichen Alpenrand registriert (z.B. Ruhpolding-Seehaus: 369 l/qm
[158%], Berchtesgaden-Oberau: 331 l/qm [154%]), was auch dort heftige
Überschwemmungen und Hangrutsche nach sich zog. Dadurch wurde
beispielsweise die Rodelbahn am Königssee zerstört.

Der August zeigte sich vor allem vom südlichen Brandenburg über
Sachsen-Anhalt und Thüringen bis nach Bayern von seiner nassen Seite.
Im südlichen Sachsen-Anhalt sowie in der angrenzenden Leipziger
Tieflandsbucht und im östlichen Thüringen fiel sogar die drei- bis
vierfache Menge des durchschnittlichen monatlichen Niederschlags
(z.B. Bad Bibra-Altenroda: 355% [195 l/qm]). Dies war u.a. hohen
Niederschlagssummen um 100 l/qm am 22. August geschuldet. Es gab
örtliche Überschwemmungen, die aber ebenfalls bei Weitem nicht die
Ausmaße der Flutkatastrophe im Ahrtal annahmen.

Dem aufmerksamen Betrachter der Abbildung ist aber sicherlich
aufgefallen, dass auf den Karten der drei Sommermonate auch rötliche
Bereiche auftauchen, also Regionen in denen weniger Regen als im
Monatsdurchschnitt gemessen wurde. In der nächsten Woche widmen wir
uns im zweiten Teil der Frage, ob es auch in der gesamten
Sommerbilanz 2021 in Deutschland zu trockene Regionen gab.


Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 08.09.2021

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