Thema des Tages

10-09-2021 09:20

Sternhimmel

Die Hochdruckwetterlage der vergangenen Tage hatte nicht nur warmes
Spätsommerwetter zur Folge, sondern man konnte in den Nächten
abgesehen von den Nebellöchern wunderbar den Sternhimmel bewundern.
Immerhin wird es jetzt schon deutlich früher dunkel als noch im
Hochsommer, trotzdem sind die Temperaturen in den Abendstunden immer
noch angenehm.


Normalerweise ist der Herbst nicht der Freund von Sternguckern und
Hobbyastronomen, denn häufig gibt es Nebel und Dunst. Nicht so in den
vergangenen Tagen, denn eine außergewöhnliche Hochdruckwetterlage
sorgte für zahlreiche klare Nächte.

In den Abendstunden lassen sich derzeit im Zenit und im Süden noch
die Sommersternbilder beobachten. Die hellsten Sterne Altair, Wega
und Deneb bilden das sogenannte "Sommerdreieck". Währenddessen sieht
man im Nordosten und Osten schon die typischen Herbstgestirne mit
Kassiopeia (dem Himmels-W), Andromeda und Perseus die zunehmend an
Höhe gewinnen. Im Südosten leuchtet zudem der Jupiter als hellster
"Stern". Der nächste helle Stern westlich davon ist der Planet
Saturn. Kurz nach Sonnenuntergang sieht man die schmale Mondsichel
neben der Venus. In dunklen, ländlichen Gegenden lässt sich das Band
der Milchstraße erkennen, das sich jetzt von Nordosten über den Zenit
nach Westen erstreckt. Sie ist das Gebiet der galaktischen Ebene, in
dem sich mit einem Teleskop oder einem guten Fernglas zahlreiche
Sternhaufen und Wasserstoffnebel beobachten lassen.

Voraussetzung für einen gut sichtbaren Sternhimmel ist nicht nur
allein der wolkenfreie Himmel. So beeinflussen weitere atmosphärische
Einflüsse das Sternenlicht auf seinem Weg durch die Atmosphäre. Ein
wichtiger Faktor ist die Luftfeuchtigkeit. Bei hoher Luftfeuchtigkeit
bildet sich Dunst, der das Licht der Sterne streut und somit
schwächt. Für einen "guten" Himmel ist also eine niedrige relative
Luftfeuchtigkeit von Nöten. Unter anderem deshalb stehen auch viele
große Observatorien in der Wüste. Eine trockene Atmosphäre ist
allerdings noch kein Garant für gute Beobachtungsbedingungen. Bei der
Beobachtung mit Teleskopen spielt die Luftunruhe bei stärkeren
Vergrößerung eine zunehmende Rolle. Bei Luftunruhe wird das Licht der
Sterne unregelmäßig abgelenkt (unregelmäßige Brechung). Daher kommt
auch das Funkeln der Sterne. Im Teleskop fängt das Bild an zu
flimmern und wird unscharf, Astronomen sprechen auch von Seeing. Für
Luftunruhe und damit schlechtes Seeing sind hauptsächlich Turbulenzen
in der unteren Atmosphäre oder stärkere vertikale
Temperaturgegensätze verantwortlich.
Doch der wichtigste Faktor bei der Sternbeobachtung ist die
Lichtverschmutzung. Durch die kostengünstige LED-Beleuchtung wird die
Nacht immer mehr zum Tag gemacht. Das künstliche Licht wird dabei in
der Atmosphäre gestreut und hellt den Nachthimmel auf. Bei einem
unverschmutzten Himmel lassen sich tausende von Sternen mit bloßem
Auge beobachten. In großen Städten erkennt man jedoch nicht mal mehr
die hellen Sternbilder. So haben viele Städter noch nie die
Milchstraße gesehen.

Fotografisch kann man mit längeren Belichtungszeiten jedoch auch in
der Stadt noch Astronomie betreiben, wie das Bild des östlichen
Cirrusnebels, auch genannt "Die Hexenhand", das der Autor in den
vergangenen Nächten in einem Vorort von Frankfurt am Main aufnehmen
konnte, zeigt. Der Cirrusnebel ist der Überrest einer gewaltigen
Supernova, die vor etwa 8000 Jahren in 2400 Lichtjahren Entfernung
stattfand. Durch die Sternexplosion wurden Teile der Gashülle des
Sterns ins All geschleudert und treiben nun als Filamente aus
ionisiertem Gas durchs All. Für dieses Foto wurde ein Linienfilter
verwendet, der speziell auf die Spektrallinien dieser ionisierten
Gase reagiert und einen Großteil des Stadtlichtes blockiert. Es
handelt sich dabei um ein Falschfarbenbild, wobei blau ionisierten
Sauerstoff und rot ionisierten Wasserstoff zeigt. Zu Zeiten der
chemischen Fotografie waren solche Bilder nur den großen
Observatorien oder wenigen Spezialisten mit großem Aufwand
vorbehalten. Durch die digitale Fotografie kann man jetzt viele
Details auch mittels Amateurgeräten einfangen. Das erwähnte Bild
wurde mit einer speziellen gekühlten Astrokamera an einem
Amateurteleskop aus etwa 80 Einzelbildern mit jeweils 5 Minuten
Belichtungszeit angefertigt. Damit ergibt sich eine
Gesamtbelichtungszeit von fast 7 Stunden. Spektakuläre
Milchstraßenbilder sind allerdings auch schon mit deutlich weniger
Aufwand und normalen Spiegelreflexkameras möglich.

Dipl.-Met. Christian Herold
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 10.09.2021

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