Thema des Tages

06-09-2016 14:40

Der Geruch des Regens

Mit nur kurzen Unterbrechungen macht der Sommer in Deutschland in
diesen Wochen seinem Namen nochmal alle Ehre, wenngleich er
meteorologisch seit dem ersten September bereits Geschichte ist. Das
sommerliche Feeling äußerte sich nicht nur mit Sonnenschein und
Wärme, sondern auch durch fehlenden Niederschlag. Als nun am Sonntag
die ersten Regentropfen seit längerer Zeit fielen, hatte man
mancherorts wieder diesen typischen und allseits bekannten Geruch in
der Nase. "Es riecht nach Regen", hört man dann die Leute häufiger
sagen.

Aber wie kann es sein, dass Regen riecht? Wasser ist doch in der
Regel geruchslos. Geht man dieser Frage auf den Grund, stößt man auf
den Begriff "Petrichor" und die Arbeit zweier australischer Forscher,
die bereits mehr als 50 Jahre alt ist. I.J. Bear und R.G. Thomas
haben darüber im Magazin "Nature" im Jahre 1964 geschrieben und
diesem typischen Geruch den Namen gegeben. "Petrichor" leitet sich
von den beiden Wörtern "petros" (griech.: Stein) und "Ichor"
(griech.: die Flüssigkeit in den Adern der griechischen Götter) ab.

Die Voraussetzungen für den typischen Regengeruch sind eigentlich
recht simpel: Es darf längere Zeit nicht geregnet haben, damit die
Böden gut ausgetrocknet sind. Ideal für einen intensiven Geruch sind
Lehmböden. Aber wodurch wird dieser Geruch nun eigentlich verursacht?


Verantwortlich dafür ist ein bestimmtes gelbfarbenes Öl. Dieses wird
von Pflanzen bei Trockenheit produziert und bindet sich an
Tonminerale und andere Partikel. Setzt nun Regen ein, so verbindet
sich dieses Öl mit einem Stoff namens Geosmin, der den typischen
Erdgeruch verursacht. Fallen Regentropfen mit einer hohen
Geschwindigkeit auf den staubigen Boden, schließen sie winzig kleine
Luftbläschen in der Staubschicht ein, die dann nach oben aus dem
Tropfen herausplatzen. Die mitgerissenen Staubteilchen tragen auch
den Duftstoff mit sich, der auf diese Art freigesetzt und durch
Luftverwirbelungen nach oben befördert wird. Dieser Prozess wurde
auch mit Hochgeschwindigkeitskameras nachvollzogen. Man kann sich das
am einfachsten vorstellen, wenn man die Kohlendioxidbläschen in einem
Glas Mineralwasser vor Augen hat.

Wieviel Duftstoff freigesetzt wird, ist stark davon abhängig, wie
durchlässig der Boden ist. Wie bereits erwähnt sind Lehmböden,
bestens geeignet. Entscheidend ist aber auch, wie stark es regnet.
Ideal ist leichter Regen. Bei Starkregen wird die Freisetzung der
Duftstoffe hingegen rasch unterbunden, da eine Blasenbildung durch
die schnelle Durchnässung des Substrates deutlich verringert wird.

Manche Leute meinen sogar, dass sie es riechen können, wenn es bald
zu regnen beginnt. Auch das lässt sich in manchen Fällen erklären.
Mit Annäherung eines Regengebietes steigt in der Regel die
Luftfeuchtigkeit. Dadurch lagert sich an den Poren von Steinen und
Erde eine dünne Schicht Feuchtigkeit an. Dies wiederum bewirkt, dass
der Duftstoff bereits in sehr geringen Mengen freigesetzt wird. Mit
einem feinen Näschen ist es also durchaus möglich den Geruch auch
schon vorher wahrzunehmen.

Es gibt also einen Grund für den typischen Regengeruch. Diesen wird
man aber so schnell erst einmal nicht wieder riechen. Nachdem letzte
Niederschläge in Südostbayern am heutigen Dienstag nachlassen, ist
frühestens zum Wochenende in einigen Gebieten wieder mit Regen zu
rechnen. Bis dahin kommt das sommerliche und trockene Wetter im
ganzen Land zurück. Frühestens zum Sonntag kann man seine Nase dann
aber wieder trainieren.

Übrigens: Man mag es nicht glauben, aber den Geruch von Petrichor
kann man tatsächlich auch als Parfüm kaufen!


Dipl.-Met. Marcus Beyer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 06.09.2016

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst