Thema des Tages

17-09-2021 07:50

Kalendarischer Herbstanfang ante portas

Am kommenden Mittwoch wird kalendarisch der Herbst eingeleitet. Das
Äquinoktium steht also kurz bevor. Aber was ist das eigentlich?


Wir Meteorologen haben bereits am 1. September den Herbst eingeläutet
und weichen daher von der Definition des kalendarischen Beginns ab.
Demnach beginnen für uns die Jahreszeiten immer am ersten Tag jenes
Monats, in den der kalendarische Termin fällt. Dadurch umfassen die
Jahreszeiten für uns immer drei vollständige Monate, wodurch eine
statistische Vergleichbarkeit von klimatologischen Daten (z.B.
Monatsmittel, Monatssummen u.a.) gewährleistet wird.

Die nun bevorstehende Tagundnachtgleiche hängt mit dem Wechsel der
Jahreszeiten zusammen, sorgt aber immer wieder für Missverständnisse.
Der Herbst und damit auch der Übertritt in die kalte Hälfte des
Jahres beginnt am kommenden Mittwoch, dem 22. September 2021 um 21:21
Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit (MESZ). Zu diesem Zeitpunkt zieht
die Sonne direkt über den Erdäquator hinweg. Für die andere Hälfte
des Planeten - sprich der Südhalbkugel - markiert das Äquinoktium
(von lat. aequus - gleich und nox - Nacht), wie die
Tagundnachtgleiche auch bezeichnet wird, den Beginn des Frühlings. Am
Tag des Äquinoktiums dauern somit lichter Tag und die Nacht überall
auf der Erde zumindest theoretisch gleich lang an.

Jedem ist bekannt, dass Jahreszeiten existieren. Aber wodurch
entstehen sie? Das ist eine Frage, bei deren Beantwortung viele
Menschen regelmäßig in eine kleine Falle tappen. Oft hört man, dass
es auf der Erde kälter wird, wenn sie sich weiter von der Sonne
entfernt, und wärmer, wenn sie näher an unsere Wärmequelle
herankommt. Schließlich reist unser Planet auf einer Umlaufbahn um
die Sonne, die kein perfekter Kreis, sondern eher eine Ellipse ist.
Die Schlussfolgerung aus dieser Tatsache ist jedoch falsch.

Unser Erdorbit weicht nur zu drei Prozent von einem Kreis ab. Im
nördlichen Winter ist die Sonne der Erde eigentlich am nächsten und
im Sommer am weitesten entfernt (siehe Grafik). An der
unterschiedlichen Entfernung zur Sonne liegt es also nicht. Was
beschert uns dann die Jahreszeiten?

Es ist alles eine Frage der Neigung! Die Erdachse ist relativ zur
Sonne gesehen nicht gerade, sondern steht in einem leicht schrägen
Winkel von etwa 23,5 Grad. Während sich die Erde um die Sonne dreht,
bleibt dieser Winkel erhalten, weshalb das Licht der Sonne nicht
direkt auf die komplette Erdoberfläche trifft. Wenn die
Nordhemisphäre der Sonne weggeneigt ist, werden deren Lichtstrahlen
nur in einem schrägen Winkel aufgefangen. Während dieser Phase
herrschen kürzere und somit in der Regel auch kühlere Tage.
Gleichzeitig ist die südliche Hemisphäre der Sonne zugeneigt, weshalb
ihre Strahlen in einem steileren Winkel eintreffen und für längere
Tage sorgen. Nur zweimal im Jahr wird die Erde gleichmäßig in das
Licht der Sonne getaucht - nämlich zu den Tagundnachtgleichen. Das
zweite Äquinoktium findet um den 21. März statt, wenn sich die eben
beschriebenen Gegebenheiten auf der nördlichen und südlichen
Hemisphäre umkehren. Die Äquinoktien selber definieren nur den
Zeitpunkt eines Ereignisses. Sie finden nicht wirklich statt, wenn
der Tag und die Nacht gleich lang sind, obwohl wir das denken.
Eigentlich ist es der Zeitpunkt, zu dem die Sonne am Äquator genau im
Zenit und die Sonnenstrahlen dort im 90 Grad Winkel auf die
Erdoberfläche treffen. Dann sind Tag und Nacht überall auf der Erde
nahezu gleichlang.

Hierzulande allerdings sind zum Äquinoktium Tag und Nacht nicht exakt
gleich lang und es ergibt sich ein Unterschied von einigen Minuten.
Der Tag erscheint tatsächlich etwas länger als die Nacht. Diese
Diskrepanz erklärt sich zum einen durch die Ausdehnung der
Sonnenscheiben. Während der Äquinoktien wird der geometrische
Mittelpunkt der Sonnenscheibe betrachtet, der an diesen Tagen etwa 12
Stunden oberhalb des Horizontes steht. Da allerdings die ersten und
letzten Sonnenstrahlen eines Tages vom oberen Rand der Sonnenscheibe
ausgehen, dauert der Tag also etwas länger. Zum anderen spielt die
Brechung des Sonnenlichts durch die Atmosphäre eine Rolle. Die
Erdatmosphäre beugt das Licht, weshalb es aussieht, als befände sich
die Sonne noch über dem Horizont, obwohl sie bereits untergegangen
ist. Der Kalendertag, an dem tatsächlich zwölf Stunden lichter Tag
und zwölf Stunden Nacht herrschen, ist somit um ein paar Tage in
Richtung Wintersonnenwende verschoben. Dieser Tag wird als Equilux
bezeichnet und liegt für den 50. Breitengrad um den 25 September.


M.Sc.-Met. Sebastian Altnau
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 17.09.2021

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