Thema des Tages

08-09-2016 14:40

Kleine Schönheitsfehler

Warteten die Sommerwetterfreunde im diesjährigen Sommer doch meist
vergebens auf länger andauerndes Hochdruckwetter mit hohen
Temperaturen außer gegen Ende August, scheint das Wetter im September
die entgangenen Freuden jetzt verstärkt nachholen zu wollen.
Temperaturen von 25 bis 30 Grad sind bis über das Wochenende hinaus
garantiert, so manches Freibad hat daher seine im Sommer kaum positiv
verlaufene Saison bereits verlängert.

Nicht verwunderlich ist deshalb, dass die ersten sieben Tage des
Monats den September in Bezug auf den Temperaturverlauf auf
vorläufigen Rekordkurs hieven. So lag die Durchschnittstemperatur mit
ca. 17,5 Grad um etwa 4,2 Grad über dem Septembermittel der
international gültigen Referenzperiode 1961 bis 1990. Sollte es mit
diesem Wetter in diesem Monat noch länger so weitergehen, wäre der
Septemberrekord aus dem Jahre 2006, bei dem es eine
Durchschnittstemperatur von 16,9 Grad bei einer Abweichung von 3,6
Grad gab, tatsächlich "in Gefahr".

Schaut man sich die Vorhersagen bis weit in die nächste Woche hinein
an, so zeigen diese weiterhin viel Sonnenschein, meist nur wenige
Wolken und höchstens einzelne Schauer und Gewitter bei anhaltend
hohen Temperaturen, die nicht selten bis fast 30 Grad oder knapp
darüber erreichen. Eiscafes, Biergärten und Freibäder können noch
einmal richtigen Umsatz machen, der ihnen im Sommer meist nur mäßig
gelingen wollte.

Kleine "Schönheitsfehler" kann man in den Vorhersagen allerdings auch
entdecken. So dürften am morgigen Freitag ein paar dichtere
Wolkenfelder von Nordwesten her durchziehen, die im Zusammenhang mit
der nur schwach ausgeprägten Kaltfront des Tiefs "Petra" mit Zentrum
im Seegebiet zwischen Island und Schottland bei uns auftauchen. Zwar
schwächt "Petra" damit auch unser Sonnenhoch "Johannes", ein
durchgreifender Luftmassenwechsel oder Niederschläge sind mit
Durchzug der Kaltfront jedoch kaum zu erwarten (siehe dazu die
Aussichten für das Wochenende unter
www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2016/9/8.html).

Den nächsten kleinen Schönheitsfehler finden wir dann am Samstag und
Sonntag, wenn erneut schwache Ausläufer des neuen Tiefs "Quila", das
von den Britischen Inseln nach Island zieht, von Nordwesten her auf
uns zukommen und wiederum etwas mehr Wolken und sogar einzelne
Schauer und Gewitter mitbringen. Am Samstag gilt dies vor allem für
den Westen und Nordwesten, am Sonntag eher für den Norden und
Südosten. Vielerorts bleibt es aber auch dann noch trocken mit
längeren sonnigen Abschnitten und höchstens leicht zurückgehenden
Temperaturen. Die neue Woche setzt diesen Trend fort, wobei die
Temperaturen wieder ansteigen und die Schauer- und Gewitteraktivität
zunächst nachlässt, bevor sie zur Wochenmitte hin erneut zunimmt.

Ein weiterer Schönheitsfehler ist die anhaltende Trockenheit. So
beträgt die nutzbare Feldkapazität (die der Pflanze zur Verfügung
stehende Wassermenge) leichter Böden (lehmiger Sand) in vielen Teilen
Deutschlands nur noch 10 bis 50 % (siehe
www.dwd.de/DE/leistungen/bodenfeuchte_dl/bodenfeuchtedl.html), sodass
einige Pflanzen (z.B. Mais) unter sogenanntem "Trockenstress" leiden.
Selbst die schweren Böden (sandiger Lehm), die mehr Wasser speichern
können als die leichten, sind teilweise von der Trockenheit
betroffen. Das gilt vor allem für den Osten Deutschlands, wo der
Sommer insgesamt oft zu trocken war. Aufgrund der Trockenheit der
vergangenen Tage haben sich auch schon einige Blätter bestimmter
Baumarten verfärbt oder wurden bereits abgeworfen.

Und noch ein Wermutstropfen lässt sich finden: Die Waldbrandgefahr
und die Graslandbrandgefahr sind erhöht. So erreicht der
Waldbrandgefahrenindex (siehe www.dwd.de/waldbrand) gebietsweise
Stufe 3 bis 4, was einer mittleren bis hohen Gefahr entspricht. Beim
Graslandfeuerindex
(www.dwd.de/DE/leistungen/graslandfi/graslandfi.html) wird vielfach
die Stufe 4 erreicht, womit häufig eine hohe Gefahr besteht. Wer sich
also in der Natur bewegt, sollte nicht fährlässig handeln und
beispielsweise eine noch glühende Zigarette achtlos wegwerfen oder
aus dem Auto schnippen.

Nicht zuletzt trübt noch ein weiterer kleiner Schönheitsfehler den
ungestörten Genuss des Spätsommerwetters: Die Sonneneinstrahlung ist
immer noch recht intensiv, sodass der UV-Index weiterhin mittel bis
hoch ist (siehe www.dwd.de/uvindex). Insbesondere in der Mitte und im
Süden Deutschlands sollte aufgepasst werden und gegen drohenden
Sonnenbrand Schutzmaßnahmen (Sonnencreme, Sonnenbrille, Hemd, mittags
in den Schatten) ergriffen werden.

Lässt man die oben aufgezählten kleinen Schönheitsfehler außer Acht,
kann man sich aber über den Sonnenschein freuen, der bei den Menschen
normalerweise die gute Laune steigert. Und nachts lässt es sich auch
schon gut durchlüften, hat die Luft doch aufgrund der immer länger
werdenden Nächte die Chance, sich stärker abzukühlen als noch in den
Sommermonaten.

Dipl.-Met. Simon Trippler
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 08.09.2016

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