Thema des Tages

09-09-2016 14:40

Donner - das Geräusch eines Gewitters

Ein Gewitter ist ein sehr beeindruckendes Phänomen. Nicht nur
Begleiterscheinungen wie Hagel, Sturmböen oder heftiger Starkregen
sind häufig zu erwarten, sondern auch Blitzentladungen, die von
Gewitter zu Gewitter hinsichtlich ihrer Anzahl stark variieren
können. Besonders auf die Blitze wurde im Thema des Tages vom
31.05.2016 bereits näher eingegangen. Heute soll der Fokus auf den
Donner gerichtet werden.

Es verwundert nicht, dass seit eh und je der Donner ein
Wetterphänomen darstellt, das die Menschen beeindruckt und unzählige
Naturwissenschaftler dazu gebracht hat, die Entstehungsprozesse zu
erforschen.

Bereits Lukrez, römischer Dichter und Philosoph im ersten Jahrhundert
vor Christi, spekulierte, dass Donner durch das Zusammentreffen
unterschiedlicher Wolken entstehen würde. Descartes, französischer
Philosoph, Naturwissenschaftler und Mathematiker im Jahre 1637 nahm
an, dass ein Donner durch die Schwingung der Luft zwischen zwei
Wolken hervorgerufen wird, wenn eine höher gelegene Wolke auf eine
niedriger gelegene absinken würde. Dabei fällt auf, dass sehr häufig
der Donner in Verbindung mit Wolken und nicht mit dem Blitz gebracht
wurde. Erst später rückte der Blitz in den eigentlichen Fokus, wie
zum Beispiel durch Benjamin Franklin im Jahre 1749, der im Labor bei
selbst produzierten elektrischen Entladungen ein kurzes und lautes
Geräusch wahrnahm. Dies übertrug er auf die Natur und verknüpfte nun
das Auftreten eines Blitzes mit dem eines Donners.

In der heutigen Zeit wissen wir, dass ein Donner entsteht, wenn sich
der Blitzkanal innerhalb einer äußerst kurzen Zeit sehr stark
aufheizt. Wir sprechen dabei von Temperaturen von teils mehr als 50
000 Grad innerhalb des Blitzkanals. Dies geschieht in Bruchteilen
einer Sekunde, wodurch die Luft kaum Zeit hat, sich aufgrund der
schlagartigen Erwärmung auszudehnen. Das Resultat ist, dass im
Blitzkanal während einer extrem kurzen Zeit ein sehr hoher Druck
verglichen zur Umgebung herrscht. Dieser extrem hohe Druck breitet
sich nun rasch in alle Richtungen aus - zunächst als eine sogenannte
"Schockwelle" mit einer höheren Geschwindigkeit als die des Schalls,
wobei die Schallgeschwindigkeit in trockener Luft bei 343 m/s oder
rund 1235 km/h liegt und erst nach einer gewissen Zeit als
gewöhnliche akustische Welle. Zusammengefasst bedeutet das nichts
anderes, als dass der Donner aus der Erhitzung des Blitzkanals und
der daraus resultierenden explosionsartigen Ausdehnung der Luft
entsteht.

Dass mithilfe des Donners die Entfernung zum eigentlichen Gewitter
abgeschätzt werden kann, wurde im Thema des Tages vom 31. Mai bereits
erklärt. Viel mehr interessiert nun noch die Frage, wieso
Donnergeräusche so unterschiedlich klingen. Dabei wird das
Donnergeräusch in zwei Kategorien eingeteilt: Wie laut war der Donner
und in welcher Tonhöhe erklang er? Betrachten wir nur einmal die
Lautstärke und nehmen an, dass der Blitzkanal rechtwinklig zum
Beobachter verläuft. Dies führt dazu, dass vom gesamten Kanal die
Schallwellen den Beobachter im Großen und Ganzen gleichzeitig
erreichen (siehe beigefügte Grafik). Das Resultat wäre in diesem Fall
ein sehr lauter Donner.
Ist der Blitzkanal zum Beobachter geneigt, dann entsteht das häufig
vernommene "Rollen" und "Rumpeln", da der Schall von verschiedenen
Bereichen des Blitzkanals und somit auch zu unterschiedlichen Zeiten
den Beobachter erreicht. Natürlich kann die Orografie diesen Effekt
deutlich verstärken, wie zum Beispiel in einem Tal, wo die
Schallwellen aufgrund komplexer Orografie mehrfach reflektiert
werden. Nachts klingt ein Donner, dank der fehlenden
Umgebungsgeräusche des Tages, auch oftmals lauter.
Donner ist ab einer gewissen Entfernung zum Gewitter nicht mehr zu
hören, was daran liegt, dass durch variable Temperatur- und
Feuchteverteilung in der Atmosphäre die Schallwellen sich zunehmend
nach oben und somit von der Erdoberfläche wegbewegen. Wir nehmen das
Gewitter dann nur noch durch "Wetterleuchten" wahr. Der Blitz ist
noch zu sehen, der Donner jedoch nicht mehr bzw. noch nicht zu hören.


Andersherum ist bei einem nahen Blitzeinschlag die vorhin erwähnte
Schockwelle zu vernehmen, was sich in einem lauten, teils knisternden
Knall äußert. Dank der Nähe zum Blitzkanal erreichen die Schock- und
Schallwellen ausgehend vom oberen Bereich des Blitzkanals den
Beobachter am Boden nicht mehr, sodass kein typisches Rumpeln
vernommen wird.

Die Art des Donners, seine Dauer, Lautstärke und Tonhöhe können dem
Beobachter Aufschluss über die Art des Blitzkanals, dessen Länge, die
Ausrichtung zum Beobachter sowie über die Entfernung geben. Versuchen
Sie doch beim nächsten Gewitter die Unterschiede des Donners
herauszuhören und entsprechend zu interpretieren.

In den kommenden Tagen wird dies jedoch voraussichtlich nur direkt am
Alpenrand möglich sein, denn nur dort können sich einzelne Gewitter
entwickeln. Im übrigen Deutschland dauert das sommerlich warme und
gewitterfreie Wetter weiter an.


Dipl.-Met. Helge Tuschy
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 09.09.2016

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