Thema des Tages

11-09-2016 14:40

"Antizyklonale Südlage"

Der Jahresverlauf der Witterung in Mitteleuropa besteht aus einer
Folge typischer Wettersituationen, den "Großwetterlagen". Diese
ergeben sich durch weiträumige Luftdruckverteilungen und die daraus
resultierenden Strömungsmuster, in Bodennähe sowie auch in den
darüber liegenden Luftschichten.

Das Wetter selbst wird außerdem durch die Eigenschaften der in die
Zirkulation einbezogenen Luftmassen dominiert. Es kann während der
Andauer einer Großwetterlage an einzelnen Orten innerhalb des
betrachteten Gebietes durchaus wechseln, der allgemeine
Witterungscharakter bleibt jedoch erhalten.

In der ersten Hälfte dieser Woche dominiert eine "antizyklonale
Südlage" (wiss. Abkürzung "Sa") das Wettergeschehen im
nordatlantisch-europäischen Raum. Diese Zirkulationsform ist
weitgehend meridional ausgeprägt, d.h. die Strömungsrichtung liegt
größtenteils parallel zu den Längenkreisen oder "Meridianen".

Über dem Nordatlantischen Ozean entstand in der mittleren und höheren
Atmosphäre ein sogenannter Trog, darunter versteht man eine
äquatorwärts gerichtete Ausbeulung der Isobaren bzw. Isohypsen.
Innerhalb des Troges befindet sich eine in der grönländischen Arktis
entstandene, südwärts voran gekommene, hoch reichende Kaltluftmasse.


Über dem europäischen Kontinent dagegen liegt Warmluft mit hoher
potentieller Energie bzw. im Meteorologenjargon ausgedrückt "mit
hohem Geopotential". Die entsprechenden Isohypsen sind polwärts
ausgeformt. Im Bodendruckfeld erstreckt sich die Hochdruckzone KARL
von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer.

Unten finden Sie eine vom gestrigen 12:00-UTC-Lauf des Modells des
Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersage (EZMW in
Reading, England) berechnete Prognose der geopotentiellen Höhe der
500-hPa- sowie der 850-hPa-Hauptdruckfläche für Montag, den
12.09.2016, 12:00 UTC. Das 500-hPa-Niveau (obere Abbildung)
repräsentiert die mittlere Atmosphäre, in der 850-hPa-Fläche (untere
Abbildung) zeigt sich die Struktur der unteren Atmosphäre.

Als Folge dieser Druck- bzw. Geopotentialverteilung gelangt mit
südlicher Strömung sehr warme Luft aus dem Mittelmeerraum und
Nordafrika zu uns nach Zentraleuropa, daher bietet sich die
Klassifikation der Wetterlage als "Südlage" an.

Da die Übergangszone zwischen den beiden unterschiedlichen
Luftmassen, die im Geopotentialfeld durch eine starke Drängung der
Isohypsen gekennzeichnet ist, über die Britischen Inseln hinweg
nordwärts verläuft, also weit entfernt ist vom hochdruckbeeinflussten
Mitteleuropa, weist die vorliegende Südlage einen "antizyklonalen"
Charakter auf.

Die Sonne hat noch Kraft in diesen Septembertagen, da verwundert es
nicht, dass in der ersten Wochenhälfte der Spätsommer noch einmal zur
Hochform aufläuft und im Binnen- bzw. Tiefland verbreitet
Tageshöchsttemperaturen von mehr als 30 °C erreicht werden. Wer
erinnert sich noch an den Sommer 2006? Auch vor zehn Jahren folgte
einem "durchwachsenen" Monat August ein hochsommerlicher September.


Dipl.-Met. Thomas Ruppert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 11.09.2016

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