Thema des Tages

29-11-2021 10:50

Warum Wasser von oben nach unten gefriert und Eisberge nicht
untergehen

Wie können Fische in zugefrorenen Seen eigentlich überleben und warum
ist Schlittschuhlaufen möglich? Über die eigenartigen Eigenschaften
von Wasser.

Das erste Adventswochenende zeigte sich vor allem in höheren Lagen
von seiner winterlichen Seite: Während es in tiefen Lagen oft
ungemütlich und nasskalt war, präsentierten Taunus, Schwarzwald,
Thüringer Wald und viele weitere Erhebungen weiße Schneelandschaften
- was Erwachsene zum Winterspaziergang animierte und Jüngere (oder
Junggebliebene) zu Schneeballschlachten oder Schlittenfahren lockte.
Schlittschuhlaufen auf zugefrorenen Seen dürfte jedoch hierzulande
nicht auf dem Sportprogramm gestanden haben, braucht es dazu doch
eine längere Frostperiode, um das Wasser eines Sees in ausreichender
Dicke gefrieren zu lassen. Eine physikalische Besonderheit des
Wassers sorgt dafür, dass das Wasser dabei von oben nach unten
gefriert: Die sogenannte Anomalie des Wassers. Doch was ist daran so
ungewöhnlich?

Normalerweise steigt die Dichte einer Flüssigkeit, wenn die
Temperatur sinkt. Das tut sie zwar bei Wasser auch - aber nur bis zu
einem Temperaturrückgang bis 4 Grad Celsius (siehe Grafik). Bei
dieser Temperatur besitzt Wasser seine größte Dichte, ist also am
schwersten. Kühlt man es weiter ab, wird es wieder leichter. Das
kühlere Wasser schwimmt dann also auf dem vergleichsweise wärmeren
Wasser, bevor es an der Oberfläche zu Eis gefriert.

Normalerweise ist eine Flüssigkeit also leichter als ihre erstarrte
Form, Eis jedoch ist leichter als Wasser! Das ist auch der Grund
dafür, warum kleine Eiswürfel im Sommer in der Limo schwimmen oder
große Eisberge in den Meeren nicht untergehen.

Gäbe es die Anomalie des Wassers nicht, würde das kältere Wasser auf
den Grund des Sees absinken und das Gewässer von unten nach oben
(statt von oben nach unten) zufrieren. Da die vor weiterer Luftkälte
schützende Eisschicht auf dem Wasser fehlen würde, könnten die
Gewässer dann tatsächlich von unten nach oben vollständig zu Eis
erstarren. Für die tierischen Seebewohner wäre das wohl ein
Todesurteil...

Zurück zum Thema "Schlittschuhlaufen", für das es noch eine weitere
Eigenart des Wassers bedarf: Während sich normalerweise Flüssigkeiten
unter Anwendung äußeren Drucks verfestigen, ist dies beim Wasser
genau umgekehrt. Durch den Druck der Schlittschuhkufe verflüssigt
sich das Eis, sodass der Eisläufer auf einer hauchdünnen
Wasserschicht gleiten kann. Bei den Autofahrern ist dieser Effekt
meist gefürchtet, denn das allgemein bekannte Aquaplaning sorgt auf
Straßen für unerwünschte Pirouetten.

Die bevorstehende Milderung durch Tief CHRISTIAN (die am morgigen,
turbulent stürmischen Dienstag Schnee in Regen übergehen lässt, siehe
Thema des Tages vom 28.11.) ist zwar nur von kurzer Dauer. Aber auch
mit der sich anschließend wieder durchsetzenden kälteren Luft dürfte
es für zugefrorene Seen wohl noch nicht reichen. Aber Geduld ist eine
Tugend und der Winter (der zumal aus meteorologischer Sicht erst
übermorgen beginnt) noch lang :-)

Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 29.11.2021

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst