Thema des Tages

14-09-2016 14:40

Super-Taifun MERANTI

Tropische Wirbelstürme sind Tiefdrucksysteme mit geschlossener
Zirkulation des Windes um das Tiefdruckzentrum und organisierter
Vertikalbewegung feucht-warmer Luftmassen, die mit schweren
Regenfällen und Gewittern einhergeht. Dabei hält die frei werdende
Kondensationswärme rund um das Zentrum die Systeme "am Leben".
Infolge der Corioliskraft rotieren sie "zyklonal", d.h. auf der
Nordhalbkugel entgegen dem Uhrzeiger, auf der Südhalbkugel mit dem
Uhrzeiger. Die auf kleinem Raum herrschenden großen
Luftdruckunterschiede bewirken die enormen Windgeschwindigkeiten.

Als "Taifune" bezeichnet man die tropischen Wirbelstürme im Bereich
des westlichen Pazifiks, die sich nördlich des Äquators und westlich
der Datumsgrenze (um 180° geografische Länge) bilden. Während der
Pazifischen Taifun-Saison (dauert im langjährigen Mittel von Mai bis
Oktober) sind die randtropischen Seegebiete der Region beliebte
Entstehungsorte der seit alters her gefürchteten Taifune. Man beachte
den Terminus "Randtropen", denn neben warmem Meerwasser als
Energielieferant muss die durch die Erdrotation verursachte
Coriolis-Kraft in der hydrodynamischen Kräftebilanz wirksam werden.
Ohne diesen Trägheitseffekt würden bestehende Luftdruckunterschiede
rasch ausgeglichen und große Tiefdruckwirbel könnten gar nicht erst
entstehen.

Da die Coriolis-Kraft aber unmittelbar am Äquator verschwindet und in
Äquatornähe sehr gering ist, gilt der Westpazifik zwischen etwa 5°
und 30° nördlicher Breite, bei Meeresoberflächentemperaturen von
mindestens 26 °C als Entstehungszone der Taifune. Die Bildung eines
Taifuns ist nichts anderes als der Ausgleich des Wärmeüberschusses,
der sich in den unteren Atmosphärenschichten "staut". Um diesen
"Ausbruch von Energie" zu ermöglichen, muss großflächig Konvektion
als Quelle latenter Wärmeenergie ausgelöst werden. Dazu ist wiederum
Luftdruckfall notwendig, den meistens die innertropische
Konvergenzzone (ITCZ) liefert. Sie bewirkt nämlich die Bildung von
Druckwellen an der äquatorialen Seite des über dem Pazifik liegenden
subtropischen Hochdruckgebietes. Diese "tropischen Wellen" sind
sozusagen das erste Entwicklungsstadium tropischer Tiefdruckgebiete.


Im Idealfall einer kontinuierlichen Entwicklung und Verstärkung
besteht der Lebenszyklus tropischer Tiefdruckgebiete im Bereich des
nördlichen Pazifiks nach Lesart des Joint Typhoon Warning Center
(JTWC) der US-Marine in Pearl Harbor aus den vier Stadien: "tropische
Depression" - bei Windgeschwindigkeiten bis 33 Knoten (1 Knoten =
1,852 km/h), "tropischer Sturm" - bei 34 bis 63 Knoten, "Taifun" -
bei 64 bis 129 Knoten sowie "Super-Taifun" - bei 130 Knoten oder
mehr. Am 8. September erkannten die Experten des JTWC etwa 155 km
westlich der Insel Guam ein geschlossenes tropisches
Zirkulationssystem und klassifizierten es bereits einen Tag später
als "tropische Depression 16W", die sich rasch intensivierte und
derzeit in der höchsten Kategorie als "Super-Taifun 16W (mit Namen
MERANTI)" geführt wird.

Seit seiner Entstehung zieht MERANTI, zunächst mit Westnordwestkurs,
nun mit Nordwestkurs, in Richtung auf die chinesische Küste. Seine
aktuelle Position (14.09.2016, 03:00 Uhr UTC) liegt bei 21,6°
nördlicher Breite und 120,7° östlicher Länge in der Straße von Luzon.
Mit einem geschätzten Luftdruck im Kern von zeitweise nur 890 hPa ist
MERANTI der bislang stärkste tropische Wirbelsturm der Pazifischen
Taifun-Saison 2016. Bei andauernden Windgeschwindigkeiten von 160
Knoten und Böen von bis zu 195 Knoten (das sind 361 km/h!) erreichte
MERANTI offenbar gestern Abend den Höhepunkt seiner Entwicklung. Nach
den Prognosen des JTWC wird er in den nächsten Stunden an der
Südostchinesischen Küste landen, möglicherweise im Bereich der
Millionenstadt Xiamen.

Unten finden Sie ein infrarotes Satellitenbild (10,8 µm) des
Super-Taifuns MERANTI vom Dienstag, den 13.09.2016, 18:00 UTC,
ergänzt um eine Prognose der Windgeschwindigkeit (Isotachen in Knoten
[kt], 1 Knoten = 1,852 km/h) des ECMWF-Vorhersagemodells vom
13.09.2016, 00:00 Uhr UTC. Dort wird im inneren Bereich, unweit des
windstillen "Auges" ein Windmaximum von 115 kt = 213 km/h berechnet.



Dipl.-Met. Thomas Ruppert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 14.09.2016

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