Thema des Tages

30-01-2022 13:20

"NADIAs" Reise und "Maliks" Hinterlassenschaften

Während in den letzten beiden Themen des Tages das Orkantief NADIA
und seine Auswirkungen prognostisch beschrieben wurden, also quasi
mit der "Zukunfts-Brille" auf der Nase, soll heute, nachdem das
Sturmfeld so gut wie abgezogen ist, etwas anderes in den Fokus
rücken: Eine Nachlese.

Die Reise von NADIA begann mit ihrer Geburt am vergangenen Dienstag
vor der US-Ostküste. Von dort begab sie sich über den Nordatlantik
Richtung Europa, erreichte am Freitag Island, zog über Skandinavien
hinweg und befindet sich nun im Baltikum.

Bereits Samstagvormittag machte sie sich in Deutschland mit ersten
Sturmböen an der Küste bemerkbar (so wurde beispielsweise pünktlich
zum mittäglichen Fischbrötchen-Vesper um 12 Uhr eine schwere Sturmböe
von 98 km/h am Kieler Leuchtturm registriert).

Aber NADIA, die vom dänischen Wetterdienst eine Namens- und
Geschlechtsumwandlung erfuhr und fortan für die internationale
Tribüne auf "Malik" getauft wurde, war damit noch nicht am Ende. Sie
(oder er?) holte noch einmal tief Luft und bescherte uns ein
Sturmfeld, das sich am gestrigen Samstag vom Nordwesten und Norden in
den Osten des Landes ausbreitete.

Am heftigsten war das Orkantief an Nord- und Ostseeküste, bzw. auf
den Inseln spürbar: Auf Hallig Hooge wurde eine Orkanböe von 127 km/h
gemessen, Glücksburg und die Greifswalder Oie meldeten 119 km/h und
auch auf Sylt, Fehmarn und in St. Peter-Ording konnten sich die
Urlauber bei 112-118 km/h einen etwas kräftigeren Wind als sonst
durch die Haare pusten lassen.
Jetzt mag manch Leser vielleicht denken: "Ach, eine steife Brise sind
die Norddeutschen doch eh gewohnt - Sturm ist erst, wenn die Schafe
auf dem Deich keine Locken mehr haben?", ABER: NADIA aka Malik zeigte
auch im Landesinneren, dass sie kein 08/15-Tief war.

Zwischen Hamburg und Berlin sorgten einige schwere Sturmböen um 100
km/h für hunderte Einsätze der Feuerwehr. Allein in Hamburg (die
Messstation Hamburg-Finkenwerder meldete 109 km/h), wo eine Sturmflut
den Fischmarkt flutete, gab es rund 300 Einsätze. Aber auch in
anderen Städten Schleswig-Holsteins, Niedersachsens,
Mecklenburg-Vorpommerns und Brandenburgs tobte der Sturm und führte
zu zahlreich abgeknickten Ästen, entwurzelte Bäumen und Problemen im
Bahnverkehr.

Den Vogel abgeschossen haben übrigens zwei Leuchttürme: Die
Messstationen der exponierten Leuchttürme der Alten Weser (Nordsee)
und Kiel (Ostsee) lieferten Maximalwerte von über 140 km/h. Wenn zu
diesem Zeitpunkt dort Schafe verweilt hätten, wären diese
anschließend bestimmt lockenlos gewesen.

Während NADIA bereits weiter Richtung Osteuropa gezogen und ihre
Geschichte bei uns so gut wie beendet ist, steht schon ein neues Tief
in den Startlöchern: ODETTE (int. Corrie) versucht am morgigen Montag
in die Fußstapfen ihrer Vorgängerin zu treten, was jedoch nur bedingt
gelingt. So sind zwar insbesondere in der Südwesthälfte Sturmböen
möglich, ein so verbreitetes Sturmfeld mit schweren Sturmböen oder
gar orkanartigen Böen wie NADIA hat ODETTE allerdings nicht zu
bieten.

Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 30.01.2022

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