Thema des Tages

08-02-2022 09:20

Wintereinbruch

Wintereinbruch? Behaupten die Meteorologen derzeit nicht, dass
aktuell kein durchgreifender Wintereinbruch bis ins Tiefland ins Haus
steht? Doch, aber vor einem Jahr sah es ganz anders aus!

Als der Autor dieses Textes vor ziemlich genau einem Jahr an dieser
Stelle an einem neuen Thema des Tages arbeitete, war das Thema
schnell gefunden: In Teilen Deutschlands gab es einen massiven
Wintereinbruch. In diesem Winter gibt es winterliche Erscheinungen
meist nur im Bergland, während die "Flachlandtiroler" in die Röhre
schauten. Vor einem Jahr jedoch brachte der massive Wintereinbruch
gebietsweise erheblichen Neuschnee bis ins Tiefland.

Was war damals passiert? Zwischen dem Schneetief TRISTAN mit Kernen
über Nordfrankreich und Norditalien und dem Hoch GISELA mit
Schwerpunkt über Skandinavien und dem Nordmeer hatte sich am 7.
Februar 2021 (einem Sonntag) eine Luftmassengrenze über Deutschland
ausgebildet, bei der nördlich davon kalte Luft aus dem Osten nach
Deutschland strömte, während südlich davon deutlich mildere Luft aus
südlichen Gefilden einfloss (siehe Bodenwetterkarte im linken Teil
der Grafik unter
https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2022/2/8_Bild.png).
Diese Grenze lag genau über der Mitte des Landes etwa auf einer Linie
Eifel - Rhein-Main-Gebiet - Nord-Bayern.

Tief TRISTAN sorgte für teils länger andauernde Niederschläge, die
vor allem in der nördlichen Mitte in der kalten Luft durchweg als
Schnee fielen und dort gebietsweise erheblichen Neuschnee bis in
tiefe Lagen brachten. Die Schneehöhen am Montagmorgen des 8. Februar
2021 sprechen für sich: 10 bis 30 cm, lokal um 50 cm und im Bergland
teils über 80 cm in einem Streifen vom südlichen Emsland und dem
Niederrhein bis zum südlichen Brandenburg und bis nach Sachsen (siehe
rechter Teil der Grafik). Ganz im Norden war es zwar ebenfalls kalt,
dort reichte der Einfluss des Tiefs allerdings nicht für größere
Neuschneemengen. Südlich der Luftmassengrenze hingegen war es zu
warm, sodass dort meist Regen fiel. In einem Grenzbereich zwischen
Schnee und Regen gab es in der Mitte Deutschlands auch Regionen, in
denen erhebliches Glatteis durch gefrierenden Regen auftrat.

Darüber hinaus brachte die Bodendruckverteilung nördlich der
Luftmassengrenze einen scharfen Gradienten, sodass der Wind dort sehr
lebhaft war und in Böen stark bis stürmisch aus Ost wehte. So konnte
der frischgefallene Schnee zum Teil stark verwehen, wobei von
Schneeanhäufungen mit weit über einem Meter Höhe berichtet wurde.
Infrastruktur und Verkehr wurden damit stark belastet, was mit dem
nachfolgenden Kälteeinbruch in der darauffolgenden Woche mehrere Tage
zu Problemen führte.

Von solchen winterlichen Wetterkapriolen bleiben wir derzeit
verschont, der Blick zurück zeigt jedoch, was auch heute noch trotz
der mit dem Klimawandel steigenden Temperaturen bei entsprechenden
Konstellationen möglich ist. Dass es in diesem Winter noch einmal zu
einem solchen Ereignis kommt, ist zwar nicht völlig ausgeschlossen,
angesichts der fortgeschritten Jahreszeit (für die Meteorologen endet
der Winter am 28. Februar 2022) und der derzeit unwinterlichen
Wetteraussichten aber nicht sehr wahrscheinlich.

Dipl.-Met. Simon Trippler
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 08.02.2022

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