Thema des Tages

14-03-2022 09:50

Heißer Sommer in der Antarktis

Der Sommer in der Antarktis neigt sich dem Ende zu und die
Eisschmelze hat in dieser Saison zugeschlagen wie noch nie seit es
Satellitenmessungen gibt.

1979 begann die systematische Vermessung der Meereisausdehnung der
Antarktis durch Satellitenaufnahmen. Im Gegensatz zur Arktis ist die
Antarktis ein großer Wüstenkontinent umgeben von Wasser. Dabei ist
der größte Teil der Antarktis ganzjährig durch riesige Gletscher
bedeckt. An den Rändern zu den Ozeanen fließen die Gletscher in
Richtung Wasser. Gleichzeitig dehnt sich jedes Jahr im antarktischen
Winter das Meereis aus. Die Meereis-Ausdehnung in der Antarktis ist
sehr variabel, sowohl innerhalb eines Jahres, als auch auf längere
Zeiträume gesehen

Die größte Eisausdehnung wird im September/Oktober erreicht. Dabei
wird eine Fläche von etwa 16 Millionen Quadratkilometern mit Meereis
bedeckt. In den Sommermonaten der Südhemisphäre schmilzt das Meereis
teilweise wieder, sodass das Minimum im Februar/März erreicht wird.
Gleichzeitig schieben die Gletscher große Tafeleisberge ins Meer, die
von Zeit zu Zeit abbrechen und in nördlichere Gefilde abdriften.
Noch nie seit 44 Jahren verlor die Antarktis soviel Eis wie diesen
Südsommer von Oktober bis Februar. Die Gesamtfläche des antarktischen
Meereises schmolz auf unter zwei Millionen Quadratkilometer zusammen.
Was war in dieser Saison so besonders, dass ein neuer Rekord
gebrochen wurde?

Zum einen war die erste Hälfte des Südsommers ungewöhnlich warm auf
dem Eiskontinent. Vor allem in der zentralen Antarktis als auch im
Weddelmeer wurden überdurchschnittlich hohe Temperaturen gemessen. Im
Mittel 2 bis 4 Grad über dem langjährigen Mittel. In der zweiten
Hälfte des Sommers war ein kräftiges Tief über der Amundsen See
wetterbestimmend. Durch die sehr westliche Lage des Tiefs strömten
starke Nordwestwinde über die Antarktische Halbinsel und führten so
zu starken Föhneffekten. Durch den sehr warmen und trockenen Fallwind
wurden die überdurchschnittlichen Temperaturen im Weddelmeer und dem
Ostsektor der Antarktis zusätzlich verstärkt. Bei Föhnstürmen können
auf der Antarktischen Halbinsel Werte im zweistelligen Bereich
erreicht werden. So wurden z.B. an der argentinischen
Forschungsstation bei einem Föhnsturm am 06. Februar 2020 eine
Maximumtemperatur von 18,4°C gemessen.

Durch die warmenTemperaturen im Weddelmeer wurden nun auch die
letzten Reste von Larsen B mit Schmelzwasser überflutet. Das
Larsen-Schelfeis ist eine langgezogene Eisplatte, die an der
östlichen Seite der Antarktischen Halbinsel "hängt". Ein auf dem Meer
schwimmender Eispanzer, der mit dem Land verbunden ist und durch die
dortigen Gletscher gespeist wird. Der Untergang von Larsen B begann
bereits 2002 in einem ähnlich warmen Sommer mit vielen Föhnstürmen.
Jetzt ist der Seeweg im Nordteil der Halbinsel frei bis hin zum
kontinentalen Eis.

Die hohen Temperaturen und das damit verbundene geringe Meereis kam
der Polarexpedition "Endurance 22" entgegen. Das Forschungsschiff
"S.A. Agulhas II", eines der größten Polarforschungsschiffe der Welt,
suchte im Weddelmeer das Wrack des berühmten Expeditionsschiffes
"Endurance". In einer Tiefe von 3008 Metern lag das legendäre Schiff
seit über hundert Jahren unter dem sonst so kräftigen Eispanzer. 1915
sank das Schiff unter dem Kommando von Sir Ernest Shackelton. Er
wollte als erster die Antarktis durchqueren. Scheiterte jedoch, da
sein Holzschiff im Packeis des Weddelmeeres zerdrückt wurde. Bei den
geringen Eismengen in dieser Sommersaison und den natürlich
wesentlich stabiler gebauten Forschungsschiffen heutzutage kaum noch
vorstellbar.

MSc Met. Sonja Stöckle
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 14.03.2022

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst