Thema des Tages

13-04-2022 09:20

In den nächsten Jahren ist Sommer - auf Neptuns Südhemisphäre

Neptun ist der viertgrößte Planet unseres Sonnensystems. Genauso wie
auf der Erde gibt es auch auf Neptun Wetter und Jahreszeiten.
Allerdings sehen diese etwas anders aus als auf unserem
Heimatplaneten.

Im ersten Moment wirken die Temperaturen auf Neptuns Oberfläche nicht
gerade sommerlich. Im Durchschnitt herrschen dort minus 200 Grad
Celsius. Eindeutig zu kalt für einen Badeausflug. Allerdings sucht
man auf Neptun den Strand auch vergebens. Der blaue Eisriese ist im
Gegensatz zur Erde ein Gasplanet. Er besitzt einen radioaktiven Kern
aus Eis und Gestein. Die Atmosphäre ist im Vergleich zur
Erdatmosphäre um ein vielfaches größer und besteht aus Wasserstoff,
Methan und Helium. Das Methan sorgt für die schöne bläuliche Färbung
des Planeten. In der Hochatmosphäre können sich Wolken bilden, die in
ihrem äußeren Erscheinungsbild durchaus den irdischen Wolken ähneln.

Einige Besonderheiten weist das Wetter auf Neptun jedoch auf. Zum
einen ist Neptun einer der wenigen Planten, die mehr Wärme
ausstrahlen als sie von der Sonne erhalten. Neptun befindet sich 4,5
Milliarden Kilometer von der Sonne entfernt. Das heißt die zur
Verfügung stehende Einstrahlung ist um ein vielfaches geringer als
auf der Erde. Durch den radioaktiven Zerfall im Kern produziert der
Planet jedoch zusätzlich Hitze, die innerhalb der Atmosphäre
turbulent aufsteigt. Diese zusätzliche Wärmeenergie sorgt unter
anderem für die stärksten Stürme in unserem Sonnensystem. Es wurden
bereits Wirbel von der Größe unserer Erde beobachtet. Dabei traten
Windgeschwindigkeiten von teils über 2000 Kilometern pro Stunde auf.
In den unteren Schichten der Atmosphäre tritt noch ein weiteres
interessantes Phänomen auf. Dort regnet es Diamanten. Der Druck ist
dort bereits so hoch, dass die Kohlenstoffatome stark
zusammengepresst werden. Dass diese Prinzessinen-Schliff aufweisen
ist jedoch unwahrscheinlich. Ganz sicher sein kann man sich aber
nicht, da eine in situ Beobachtung noch nicht stattgefunden hat.

Wie bereits Anfangs erwähnt, gibt es auch Jahreszeiten auf Neptun.
Ausschlaggebend für die Entstehung von Jahreszeiten ist eine geneigte
Rotationsachse. Durch die um 28 Grad geneigte Achse ist der
Einfallswinkel der Sonnenstrahlung ähnlich wie auf der Erde, auf der
Nordhemisphäre und der Südhemisphäre unterschiedlich, je nach
Position des Planeten auf seiner Umlaufbahn um die Sonne. Die
unterschiedlich starke Einstrahlung führt zu unterschiedlich starken
Erwärmung der Halbkugeln je nach Jahreszeit. Allerdings sind die
Jahreszeiten auf Neptun wesentlich länger als auf der Erde. Neptun
benötigt etwa 165 Jahre um einmal die Sonne zu umrunden. Eine
Jahreszeit ist somit etwa 41 Erdjahre lang.

Aktuell ist auf der Südhemisphäre Neptuns Sommer. Seit 2003 wurde die
Temperatur an der oberen Atmosphäre kontinuierlich mit verschiedenen
Teleskopen, sowohl von der Erde aus, als auch mit dem Spritzer
Weltraumteleskop der NASA gemessen. Was die Forschenden (siehe Link
zum wissenschaftlichen Artikel) jedoch nach über 15 Erdjahren
herausgefunden haben passt nicht ins Bild. Die Atmosphäre hat sich
während Neptuns Frühsommer vorübergehend um etwa acht Grad abgekühlt.
Dabei wird es im Sommer doch bekanntlich wärmer. Gleichzeitig wurde
zwischen 2018 und 2020 eine überdurchschnittlich starke Erwärmung um
11 Grad über Neptuns Südpol beobachtet.

Diese Beobachtungen stellen die Forschung vor ein Rätsel. Es gibt
bereits mehrere Erklärungsansätze. Zum einen könnten chemische
Prozesse innerhalb Neptuns Atmosphäre eine Rolle spielen. Die
aufsteigenden und teils radioaktiven Gase, können chemische Prozesse
auslösen die entweder endo- oder exotherm sind, also Wärmeenergie
freisetzen oder binden. Eventuell lassen sich also rasche
Temperaturschwankungen auf diese Weise erklären. Zum anderen könnte
auch der Sonnenzyklus eine Rolle spielen. Die Sonnenaktivität ändert
sich im Laufe der Jahre und wird mal schwächer und mal stärker. Dabei
hat man durch Beobachtung der Sonnenflecken einen Aktivitätszyklus
von 11 Jahren festgestellt. Bei starker Sonnenaktivität erreicht mehr
Strahlung die Neptunoberfläche, und kann somit für einen
Temperaturanstieg sorgen. Beide Erklärungsansätze konnten aber bisher
noch nicht wissenschaftlich bewiesen werden.

Fest steht, dass der Eisriese noch einige interessante Phänomene
bereithält. Und so spannend es auch sein kann, mehrere Monate
anhaltende Stürme oder Diamanten-Schauer vorherzusagen, bin ich doch
froh, dass es auf der Erde keine 12 Jahre kontinuierliches
Aprilwetter gibt.


MSc Met. Sonja Stöckle
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 13.04.2022

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