Thema des Tages

16-05-2022 11:20

Von Schwachstellen, Starkregen und schweißtreibenden Aussichten

Die dritte Maiwoche startet turbulent, gönnt sich dann eine
Verschnaufpause und wartet Ende der Woche mit schwülheißen Aussichten
auf. Ein Überblick.

YANNES - ein ausladendes Hochdruckgebiet prangt derzeit auf der
Wetterkarte über dem Nordmeer. Gute Voraussetzungen eigentlich für
einen wettertechnisch ruhigen Start in die Woche. Eigentlich? Denn
schaut man etwas genauer hin, offenbart sich an der Südwestflanke von
YANNES eine Schwachstelle, und genau diese "Unperfektheit" ist quasi
das Zünglein an der Waage, weshalb der heutige Montag eben doch etwas
turbulenter wird. Denn in diese Schwachstelle "bohrt" sich eine
Tiefdruckrinne, die beste Bedingungen für eine ganz passable
Gewitterlage schafft.

In der Tiefdruckrinne bildet sich eine sogenannte Konvergenz aus,
eine Linie, in der Luft aus zwei Richtungen aufeinandertrifft:
Nördlich der Konvergenz fließt mit östlichen Winden relativ trockene
Luft aus dem Hoch in den Nordosten Deutschlands. Süd-/südwestlich der
Konvergenzlinie strömt hingegen aus westlicher Richtung zunehmend
feuchte Subtropikluft ostwärts.

Der hohe Feuchtehalt bietet einen hervorragenden Nährboden für
Starkregen-Gewitter. Allerdings zieht die oben erwähnte
Tiefdruckrinne und damit auch die Gewitter Richtung Nordosten (zwar
nicht super schnell, aber immerhin ist ein bisschen Bewegung in der
Sache). Dadurch ist mit einer verbreiteten Schwergewitterlage nicht
zu rechnen, wenngleich sicherlich einzelne Gewitterzellen unsere
Unwetterschwelle (>25 l/qm in 1 h) reißen werden. Eine Region bleibt
tagsüber noch verschont: In den äußersten Norden und Nordosten (etwa
nordöstlich der Elbe) strömt am Rande des Hochs trockene Luft (s.o.),
sodass dort bis zum Abend noch alles in trockenen Tüchern bleibt.

In der Nacht zum Dienstag wird es allerdings dann genau in dieser
Region spannend, denn "der Gewitterei" wird der Schwung genommen,
wodurch die Regengüsse nun nicht mehr weiterziehen, sondern mehr oder
weniger an Ort und Stelle verharren. In einem Bereich von der Nordsee
bis nach Sachsen werden bis Dienstagvormittag mit 20-30 l/qm,
punktuell bis zu 50 l/qm die Regentonnen gefüllt (und hoffentlich
weniger Straßen und Keller überflutet).

Am Dienstag macht ein neues Zwischenhoch allmählich den
Wetterkapriolen den Garaus und nach Abklingen letzter Regenfälle aus
der Nacht bleibt es bis auf wenige Schauer und Gewitter meist
trocken. Bei 16 °C auf Rügen und 28 °C in Freiburg besteht ein großer
Temperaturunterschied von Nordost nach Südwest.

Am Mittwoch setzt sich die warme Luft aus Südwesten langsam Richtung
Nordosten durch: Bei landesweit viel Sonnenschein werden oft 25 bis
31 °C erreicht, nur an der See, in Vorpommern und Südostbayern ist es
mit 19 bis 24 °C etwas weniger warm.

Donnerstag und Freitag wird die 30-Grad-Marke dann häufiger im Westen
und Süden überschritten, wobei mit zunehmend feuchter Luft nicht nur
die Schwüle und die Anzahl der Schweißperlen auf der Stirn zunehmen,
sondern auch die Gewitter-/Unwettergefahr.

Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 16.05.2022

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