Thema des Tages

21-07-2022 12:20

Hitzewelle endet historisch

Eine kurze, aber heftige Hitzewelle suchte Deutschland in den
vergangenen Tagen heim. Vor allem deren Intensität erreichte in
einigen Regionen ein historisches Ausmaß.

Schon Anfang Juli wurde in den Medien kolportiert, es stünde eine
extreme Hitzewelle ab Monatsmitte in Deutschland bevor. Zu diesem
Zeitpunkt wurden diese Aussagen seitens der seriösen Meteorologie
zurecht als unwissenschaftlich bezeichnet. Denn zu groß war der
Vorhersagehorizont und die damit in Verbindung stehende Unsicherheit
und zu extrem die angekündigten Temperaturen bis 45 °C. Leider fand
die "Modellhitze", wenn auch in nicht ganz so extremer Form und
leicht verspätet, letztendlich doch ihren Weg in den seriösen
Vorhersagebereich und bewahrheitete sich schließlich in den
vergangenen zwei bis drei Tagen. Dabei war weniger die Andauer, als
die Intensität bemerkenswert.

Während am Dienstag (19.7.) im Westen die 40-Gradmarke im
DWD-Stationsnetz noch denkbar knapp verfehlt wurde, ging es am
gestrigen Mittwoch (20.7.) gleich an vier Stationen im Norden und
Osten über die 40 °C hinaus. In Bad Mergentheim-Neunkirchen (40,3
°C), Hamburg-Neuwiedenthal (40,1 °C), Barsinghausen-Hohenbostel und
Huy-Pabstorf (40,0 °C) wurden nicht nur die Allzeitrekorde für die
Stationen überboten, sondern auch die des jeweiligen Bundeslandes
(Baden-Württemberg, Hamburg, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt). Dazu
kamen zwei weitere Bundeslandrekorde für Mecklenburg-Vorpommern
(Boizenburg 39,4 °C) und Schleswig-Holstein (Grambek 39,1 °C).
Außergewöhnlich ist der Wert für Hamburg, nicht nur, weil der
vorherige Rekord gleich um knapp 3 Grad überboten wurde, sondern
auch, wenn man ihn im geographischen Kontext liest: Temperaturen von
40 °C und mehr sind auf diesem Breitengrad und in dieser maritimen
Klimazone eine echte Rarität, weltweit. In Europa - Russland
ausgenommen - wurde noch nie so weit im Norden die 40-Gradmarke
gerissen.

Alleine diese Daten zeugen von der historischen Dimension der
Hitzewelle. Dennoch gibt es Stimmen, die behaupten, Tage mit 40 °C
und mehr habe es früher schon "öfter" gegeben und man habe im
"Sommer" solche Temperaturen zu erwarten. Dabei handelt es sich aber
im besten Falle um eine verzerrte, subjektive Wahrnehmung, die unter
Umständen durch die sich gerade in den letzten Jahren beschleunigende
Klimaerwärmung begünstigt worden sein könnte. Die "nackten Zahlen"
sprechen eine andere Sprache: Der 20. Juli 2022 ist gerade einmal der
10. Tag, an dem seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in Deutschland
40 °C erreicht wurden. Das erste Mal war es 1983 in Kösching (Bayern)
und Gärmersdorf (Bayern) der Fall, dann erst wieder im legendären
"Jahrhundertsommer" 2003. In den 2010er Jahren nahm schließlich nicht
nur die Frequenz der Hitzewellen mit Spitzenwerten über 40 Grad zu,
sondern auch die Verbreitung, mit der die 40-Gradmarke überschritten
werden konnte. Im August 2015 wurden 3-mal, im Juli 2019 unglaubliche
25-mal die "40 Grad" verkündet. Die jüngste Hitzewelle reiht sich mit
4 Stationsmeldungen immerhin auf Platz 2 ein.

Zum Abschluss soll betont werden, dass es sich bei den
Temperaturwerten der vergangenen beiden Tage noch um vorläufige Werte
handelt. Der Deutsche Wetterdienst wird die Daten nochmal eingehend
auf Plausibilität prüfen und behält sich etwaige Anpassungen oder -
im schlimmsten Fall - Annullierungen vor.

Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 21.07.2022

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