Thema des Tages

05-08-2022 13:20

Wespen ? nützliche Nervensägen oder nervige Nichtsnutze?

Ganz klar - dieses Jahr ist ein Wespenjahr! Stimmt das wirklich? Was
Wespen lieben und wofür sie gut sind, lesen sie hier.

Was für ein Hitzesommer! An dieser Stelle haben wir in den
vergangenen Tagen und Wochen bereits mehrfach auf die außergewöhnlich
heiße und trockene Witterung in weiten Teilen Deutschlands
hingewiesen. Gerade im Zuge verstärkter Freizeitaktivitäten hat man
mittlerweile aber mehr "Begleiter" um sich herum als einem lieb ist.
Die Rede ist vom derzeitigen "Ansturm" der Wespen.

Egal ob beim gemütlichen Grillfest mit der Familie, im Freibad mit
Freunden oder beim Gassi gehen mit dem Hund, die Plagegeister sind
überall - und damit sind nicht die eigenen Kinder gemeint ;)! Da
spielen gefühlt weder die Tageszeit noch die Frage ob pralle Sonne
und komfortabler Schatten eine Rolle - sie kreisen bereits hartnäckig
um ihr Objekt der Begierde. Da die Wespe tagaktiv ist, gibt es in den
frühen Morgen- und späten Abendstunden allerdings schon ein Minimum
des surrenden Flugverkehrs. Dabei sind nur wenige Unterarten
(Deutsche und Gemeine Wespe) Menschen gegenüber aufdringlich und
aggressiv - die meisten leben "friedlich" in Wäldern und auf Wiesen
und ernähren sich von Nektar und zuckerhaltigen Pflanzensäften. So
verwundert es nicht, dass auch die penetranten Vertreter vor allem
Jagd auf zuckerhaltige Lebensmittel machen - die Klassiker
schlechthin sind süße Limonaden und Obstkuchen (Apfel, Birne,
Zwetschgen). Aber auch Deftiges wie Bratwürste und Pommes stehen auf
der Speisekarte ganz oben. Sie folgen also lediglich ihrem Instinkt.


Doch lässt sich statistisch überhaupt belegen, dass wir es in diesem
Jahr mit einer besonders hohen Wespenpopulation zu tun haben? Nein.
Eine Wespenzählung oder zumindest grobe Schätzung wäre aufgrund der
Vielzahl und Verbreitung der Nervensägen viel zu aufwändig und
ungenau. Daher muss die subjektive Wahrnehmung herhalten, die
naturgemäß sehr unterschiedlich sein kann. Schädlingsbekämpfer
vermelden allerdings volle Auftragsbücher und kommen teilweise kaum
hinterher - zumindest ein Indiz.
Widmen wir uns im Folgenden einmal unserer Hauptexpertise. Waren denn
die meteorologischen Bedingungen in den vergangenen Monaten
förderlich für die Wespenvölker? Die Insekten lieben Wärme und
Trockenheit, am besten schon während des Larvenstadiums im Frühjahr.


Zur Erinnerung: Das war in diesem Jahr zwar nicht rekordverdächtig
warm, wie beispielsweise 2018, mit einer deutschlandweiten
Mitteltemperatur (März, April, Mai) von mehr als 10 Grad aber vor
allem sehr sonnenscheinreich und trocken. Diese Witterung setzt sich
- bis auf wenige Ausnahmen - in den Sommermonaten bisher nahtlos
fort. Gerade im Südwesten des Landes, wo es im Juli so gut wie gar
nicht geregnet hat und die Sonne über 300 Stunden schien, häufen sich
derzeit die Berichte über besonders viele und aggressive Wespen.
Natürlich tragen auch die heftigen, wenngleich zum Glück meist nur
kurzen Hitzeeinschübe mit Rekordwerten nahe 40 Grad ihren Teil dazu
bei.

Fällt zu viel Regen, schimmeln die Nester und die Völker sterben. Den
eigenen Flüssigkeitsbedarf ziehen sie aus ihrer Nahrung. Wasser
benötigen sie eigentlich nur für ihre Nester: Zum Bau (Papiernester
aus Zellulosefasern) sowie zur Kühlung (siehe DWD Wetterlexikon
"Verdunstung"). Mit den tieferen Temperaturen im Herbst - spätestens
mit den ersten Nachtfrösten - sterben die Völker. Nur die Königin
überlebt, überwintert und gründet im Frühjahr ein neues Wespenvolk.
Etwa ab Mai bauen sie ihre Nester und schwärmen wieder aus. Dann
beginnt die Jagd auf ein leckeres Stück Kuchen und einen Schluck Limo
aufs Neue.

Bei allem Groll soll aber dringend darauf hingewiesen werden, dass
Wespen unter Artenschutz stehen (nicht jedoch Deutsche und Gemeine
Wespe!) und in der Natur wichtige Aufgaben übernehmen - wie die
Beseitigung von faulem Obst, morschem Holz und toten Insekten. Ziehen
Sie demzufolge im Falle eines ortsnahen Wespennestes immer einen
Experten zu Rate, damit Sie den Rest des Sommers entspannt genießen
können. Oder sorgen sie abseits der Sitzgelegenheiten für ein
gezieltes Ablenkungsmanöver, an dem sich die Wespen fröhlich laben
dürfen. Und aufgepasst: In vielen Bundesländern steht auf das
grundlose Töten von Wespen inzwischen ein sattes Bußgeld von mehreren
tausend Euro, im Einzelfall sogar bis weit in den fünfstelligen
Bereich hinein.


Dipl.-Met. Robert Hausen
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 05.08.2022

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