Thema des Tages

09-09-2022 14:20


Wissenschaft kompakt

Was hat La Niña mit dem Westafrikanischen Monsun zu tun?

Derzeit erleben wir weiterhin einen recht intensiven
Westafrikanischen Sommer-Monsun (WASM). Im folgenden Beitrag sollen
kurz mögliche Zusammenhänge mit der weiterhin aktiven La Niña-Phase
erläutert werden.


In den letzten Wochen und auch aktuell verzeichnen die etwas nördlich
vom Äquator liegenden westafrikanischen, teils auch die
zentralafrikanischen Staaten doch recht hohe Niederschlagssummen,
teils als Tagessummen, teils auch als Starkregenereignisse.
Jahreszeitbedingt wirkt in den westafrikanischen Regionen der
Sommer-Monsun, der von der Ausprägung her neben anderen Faktoren auch
im Zusammenhang steht mit der jeweiligen Phase der El Niño?Southern
Oscillation (kurz ENSO).

Aus dem Geschäftsbereich Klima und Umwelt (KU) des Deutschen
Wetterdienstes (DWD) gab es dazu am 31. August 2022 folgende Meldung:
In Teilen West- und Zentralafrikas sind nach UN-Angaben durch
Überschwemmungen, ausgelöst durch saisonale starke Regenfälle seit
Juni, 731 Tausend Menschen betroffen, über 35 Tausend Häuser zerstört
und über 125 Tausend Menschen in 17 Ländern vertrieben worden. Nach
Angaben des African Centre of Meteorological Application for
Development (oder kurz ACMAD) fielen überdurchschnittliche
Regenfälle, die auch teilweise von La Niña-Bedingungen beeinflusst
waren. Von Überschwemmungen betroffene Länder sind: Republik Kongo,
Tschad, Liberia, Nigeria, Niger, die Demokratische Republik Kongo,
Gambia, Mauretanien, die Zentralafrikanische Republik, Guinea, die
Elfenbeinküste, Senegal, Ghana, Kamerun, Mali und Burkina Faso.

In seiner bahnbrechenden Forschungsarbeit identifizierte Sir Gilbert
Walker die interannuellen Schwankungen des Luftdrucks in
Meeresspiegelhöhe (SLP) als ENSO-Zirkulation und zeigte deren
möglichen Zusammenhang mit globalen Monsunsystemen auf. Über Indien
und Westafrika kommt es während El Niño und La Niña vermehrt zu
Dürren beziehungsweise zu Überschwemmungen. Mehrere Studien zeigen,
dass es eine signifikante Korrelation zwischen ENSO und den
Niederschlägen des indischen Sommermonsuns sowie den Niederschlägen
in Westafrika gibt. Der Zusammenhang zwischen ENSO und der
interannuellen Variabilität der Niederschläge im nördlichen
Westafrika (Sahel-Zone) wurde anhand von Beobachtungsdaten und
allgemeinen atmosphärischen Zirkulationsmodellen eingehend
untersucht. ENSO erklärt nach aktuellen Studien knapp 25 % der
gesamten interannuellen Varianz des westafrikanischen
Monsunregenfalls.

Als wesentliche meteorologische Antriebe dabei gelten die jeweils
unterschiedlichen Meeresoberflächentemperaturen bei einem
Warmereignis (El Niño) im Bereich des äquatorialen Pazifiks im
Gegensatz zu einem Kaltereignis (La Niña). Daraus resultieren
Unterschiede bei der Verteilung des Luftdrucks in Meeresspiegelhöhe
(SLP) und somit auch zonale Verschiebungen der Walker-Zirkulation,
mit entsprechenden Auswirkungen auf die äquatoriale
Niederschlagsverteilung. Die Walker-Zirkulation ist grob gesagt eine
abgeschlossene Zirkulation über dem äquatorialen Pazifik. Dabei sinkt
die Luft während La Niña über dem Ostpazifik ab, strömt hiernach
bodennah westwärts (östliche Winde) bis zum Westpazifik, wird dort
zum Aufsteigen gezwungen, um nah an der Tropopause ostwärts
zurückzuströmen (Westwinde in der oberen Troposphäre).

Allerdings zeigt die Stärke des Zusammenhangs zwischen ENSO und den
saisonalen Niederschlägen während des Monsuns eine gewisse
Variabilität auf einer mehrdekadischen Zeitskala. Die Ursachen der
Schwankungen auf dieser Zeitskala sind noch nicht hinreichend
verstanden. Die zunehmende Dichte und Anzahl der Beobachtungsdaten
sowie darauf basierende Modellstudien in den letzten Jahren geben
jedoch vermehrt Aufschluss über diese doch sehr komplexen
Zusammenhänge.


Dipl.-Met. Dr. Jens Bonewitz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 09.09.2022

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