Thema des Tages

07-10-2016 14:40

Hurrikan Matthew - was bisher geschah / wie geht es weiter?

Vor drei Tagen wurde bereits im Thema des Tages vom in der Karibik
wütenden Hurrikan Matthew und seinen Besonderheiten berichtet. Am
heutigen Freitag soll es nun darum gehen, was Matthew meteorologisch
bisher so trieb und wie das Ganze aus mitteleuropäischer Sicht
einzuordnen ist.
Matthew hat sich - wie alle Wirbelstürme - nicht entsprechend seiner
Windgeschwindigkeit mit 200 Stundenkilometern, sondern deutlich
langsamer - etwa wie in einer verkehrsberuhigten Zone - mit knapp 30
km/h verlagert. Er zog bei wechselnder Intensität bis zur höchsten
Kategorie 5 von der Karibik Richtung Nordamerika und liegt nun
zwischen Florida und den Bahamas als Hurrikan der Kategorie 4. An
seinem Westflanke fällt zur Zeit an der Ostküste Floridas verbreitet
kräftiger Regen bei gemessenen Böen der Stärke 11, auf den Bahamas
auf seiner Ostflanke der Stärke 12.
Im Detail kann man sich z.B. die Zugbahn bei
http://www.tropicalstormrisk.com ansehen. Klicken Sie dort rechts auf
die Region N Atlantik und dann auf den Namen des Hurrikans, den sie
betrachten wollen.

Kann man aber diese Windgeschwindigkeiten von Hurrikans
beispielsweise mit denen der europäischen Orkane Lothar oder Kyrill
vergleichen? Leider nicht direkt, denn bei uns werden
Windgeschwindigkeiten im 10-Minutenmittel oder als Böen gemessen. Die
Böen sind dabei das absolute Maximum der Anzeige eines Windmastes in
einer Zeitspanne. Hurrikanstärken dagegen sind durch einen
1-Minutenmittelwert definiert, also schon deshalb nicht direkt mit
unseren Werten zu vergleichen.
In Bezug auf Hurrikans entspricht die Kategorie 1 Werten
Windgeschwindigkeiten größer 135 km/h, die Kategorie 2 größer 175
km/h. Mehr brauchen wir für den Vergleich nicht, denn höhere
Geschwindigkeiten sind bisher in den Niederungen nicht gemessen
worden.
Selbst die höchsten, bei uns in den Niederungen gemessenen Böen
erreichten nur die Kategorie 1. Vermutlich hätten die einminütigen
Mittel nicht mal Hurrikanstärke erreicht.
Sie sehen also, im Vergleich zu einem Hurrikan auch der niedrigeren
Kategorien weht selbst bei einem Jahrhundertereignis wie Lothar oder
Kyrill bei uns in den Niederungen ein eher nur "laues Lüftchen".
Die Schäden eines Hurrikans sind oftmals aber nicht durch den Wind,
sondern vor allem auch durch die enormen Starkniederschläge geprägt.
24-stündige Niederschlagsmengen im dreistelligen Bereich sind
durchaus üblich. Das gibt es allerdings auch bei uns, natürlich immer
mit Überschwemmungen verbunden. In den Hurrikanregionen fällt der
Regen zusätzlich vielfach auf abgedeckte Häuser, wirkt also als
Überschwemmung von unten und von oben.
Wie wir den Medien entnehmen, war bisher insbesondere Haiti von
Matthew betroffen.
Dort wurden aufgrund der katastrophalen Zustände leider 10 Stunden
die Messungen eingestellt bzw. nicht verbreitet. Von der
Dominikanischen Republik gibt es aber glaubwürdige Messungen von 264
l/qm innerhalb 24 Stunden in Grenznähe zu Haiti.

Wie geht es nun mit Matthew weiter?
Das ist natürlich schwierig vorherzusagen und die allfälligen
Vorhersagefehler sind hochrelevant für die umfangreichen
Vorsorgemaßnahmen. Die Modellrechnungen lassen naturgemäß zu
unterschiedliche Aussagen zu. Konsens ist eine Zugbahn mehr oder
weniger parallel zur Küste Nordamerikas mit einem Restrisiko, dass
das Zentrum sogar kurzzeitig aufs Festland übergreift mit
entsprechender Ausdehnung der Hurrikanwirkung ins Landesinnere. Bei
seiner Verlagerung nordostwärts soll sich Matthew aber abschwächen.
Etwa in Höhe von Charleston(South Carolina) wird er sich ostwärts
aufs offene Meer begeben und nach Süden, wieder Richtung der Bahamas
ziehend, sein Hurrikanleben allmählich aushauchen.

Dipl.-Met. Christoph Hartmann
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 07.10.2016