Thema des Tages

11-10-2016 14:40

Herbst auf mediterrane Art


Seit mittlerweile einer Woche erstreckt sich ein kräftiges und nahezu
ortsfestes Hochdruckgebiet von Westeuropa über Skandinavien hinweg
bis in den Nordosten Europas. Aufgrund der Ausdehnung und
Beständigkeit dieses Hochs kommen die vom Atlantik heranziehenden
Tiefdruckgebiete nicht dagegen an. Um ihre Zugbahn nach Osten weiter
fortsetzen zu können, müssen sie deshalb entweder in einem weiten
Bogen nördlich an dem Hoch vorbei über das Nordpolarmeer ziehen oder
sie schlagen eine südliche Zugbahn über die Iberische Halbinsel
Richtung Mittelmeer ein, um dann auf diesem "Umweg" über Südosteuropa
wieder Richtung Norden zu kommen.

Es ist nicht ungewöhnlich, dass die Tiefdrucktätigkeit in den
Herbstmonaten im Mittelmeerraum zunimmt. Wäre das nicht der Fall,
bliebe es in den Mittelmeerländern extrem trocken. Oft sind diese
Entwicklungen aber mit teils extremen Starkniederschlägen verbunden,
insbesondere in den küstennahen Gebieten Spaniens, Südfrankreichs, in
Norditalien und den angrenzenden Alpenregionen sowie rund um die
Adria. Dabei sind Tagessummen zwischen 200 und 300 Liter pro
Quadratmeter keine Seltenheit. Die Auswirkungen der teils extremen
Niederschläge sind dann oft Überflutungen und Erdrutsche, die immer
wieder zu verheerenden Schäden, Verletzten und mitunter Toten führen.


Die genaue Entstehung und Ursache der in Verbindung mit
Mittelmeertiefs auftretenden Starkniederschlagsereignisse ist noch
nicht vollständig erforscht. Tatsache ist aber, dass die
Tiefdruckgebiete auf ihrer Zugbahn über das zu dieser Jahreszeit
immer noch sehr warme Mittelmeer reichlich Feuchtigkeit aufnehmen,
die dann in Form von enormen Regenmengen wieder zu Boden fällt.
Kommen dann noch eine langsame Verlagerung der Tiefs und Staueffekte
an Gebirgen, wie beispielsweise den Alpen hinzu, so sind die
Auswirkungen entsprechend stärker.

Aktuell erstreckt sich ein Tiefdruckgebiet von Mittel- und Süditalien
bis nach Griechenland, sodass es vor allem rund um die Adria zu
Niederschlägen kommt. Höhere Regenmengen sind zwar bislang in
Verbindung mit diesem Tief nur lokal aufgetreten, dafür gab es in den
letzten Tagen mehrere Tornadobeobachtungen. Das Tief wird sich aber
in den nächsten Tagen unter Intensivierung weiter nordostwärts
verlagern und dann voraussichtlich vor allem über Rumänien, Moldawien
und der südlichen Ukraine für anhaltend kräftigen Regen sorgen.

Interessant könnte aber noch eine weitere Tiefdruckentwicklung über
dem westlichen Mittelmeer in den nächsten Tagen werden. Auf Basis der
aktuellen Vorhersagen schwächt sich der Hochdruckeinfluss zumindest
über Westeuropa ab. Stattdessen verlagert sich bis Freitag ein Tief
vom Ostatlantik über die Iberische Halbinsel hinweg Richtung
Südfrankreich, wobei sich ein weiteres kleinräumiges Randtief über
dem Löwengolf entwickelt und zum Golf von Genua zieht. Dabei können
am Mittwoch in Spanien örtlich Regenmengen zwischen 50 und 100 Liter
pro Quadratmeter fallen. Noch höhere Niederschlagssummen werden am
Donnerstag und Freitag insbesondere über Südfrankreich, Nord- und
Mittelitalien erwartet. Innerhalb von 48 Stunden sind regional bis zu
150 Liter pro Quadratmeter möglich. Punktuell können nach jetzigem
Stand in Südfrankreich und Norditalien sogar Regenmengen zwischen 100
und 200 Liter pro Quadratmeter innerhalb von nur einem Tag fallen,
sodass aufsummiert bis zu 300 Liter pro Quadratmeter nicht
ausgeschlossen sind.

Wer also die Herbstferien am Mittelmeer verbringen möchte, der sollte
in dieser Woche eher Richtung östliches Mittelmeer reisen, wo sich
das Wetter weit weniger turbulent zeigt. Zwar ist auch an der
türkischen Mittelmeerküste vereinzelt Regen möglich, dort werden aber
bei weitem nicht so hohe Regenmengen erwartet. Größtenteils bleibt es
sogar trocken.


Dipl.-Met. Johanna Anger
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 11.10.2016

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