Thema des Tages

27-11-2022 14:20



Wissenschaft kompakt

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Was, wo und wie misst eine Wetterstation? (Teil 2)

Der Deutsche Wetterdienst betreibt etwa 200 automatisierte
hauptamtliche Wetterstationen. Wie diese Wetterstationen ihre
Wetterdaten erfassen, schauen wir uns heute genauer an.

Jedem sind sie schon einmal begegnet, die Messwerte der
Wetterstationen des Deutschen Wetterdienstes (DWD). Sie gehören zur
Standardinformation in den stündlichen Wetterberichten im Radio und
geraten bisweilen auch in die Schlagzeilen, wenn wieder einmal an
einem bestimmten Ort ein neuer Temperaturrekord erreicht wurde oder
es in einer Region besonders viel geregnet hat. Der DWD betreibt
hierfür das Bodenmessnetz, bestehend aus dem "hauptamtlichen
Stationsnetz" mit etwa 200 Wetterstationen sowie weiteren
ehrenamtlich betreuten Wetter- und Niederschlagsstationen (siehe Teil
1, veröffentlich am 21.11.2022).

An einer hauptamtlichen Wetterstation werden kontinuierlich
Lufttemperatur, Erdbodentemperatur, Luftfeuchte, Luftdruck,
Windrichtung- und stärke, Niederschlagsmenge und -dauer,
Niederschlagsart, Schneehöhe, Wolkenuntergrenzen und -bedeckungsgrad,
Sichtweite, Sonnenscheindauer und Lufthygiene gemessen. Heutzutage
geschieht dies alles vollautomatisch und in vielen (wenn auch nicht
allen) Situationen können diese Automaten die früheren Tätigkeiten
eines Wetterbeobachters adäquat ersetzen. Wie diese automatischen
Messgeräte die genannten Wetterparameter erfassen, schauen wir uns
nun genauer an.

Lufttemperatur und Erdbodentemperatur

Die Lufttemperatur wird in 2 Metern Höhe über dem Erdboden gemessen
und alle 10 Minuten an die DWD-Zentrale übertragen. Zusätzlich wird
der Tageshöchst- und -tiefstwert gespeichert. Die Temperatur wird mit
einem Temperatursensor ermittelt, der aus einem dünnen Platindraht
besteht. Gemessen wird dessen elektrischer Widerstand, der sich
linear mit der Temperatur ändert und bei 0°C genau 100 Ohm beträgt.
Um die Qualität der Messungen sicherzustellen, werden zwei baugleiche
Sensoren parallel betrieben. Da die Lufttemperatur "im Schatten"
gemessen werden muss, befinden sich die Temperatursensoren zusammen
mit den Feuchtesensoren in einer kleinen, aus Kunststoff bestehenden,
weißen Lamellen-Wetterhütte. Diese dient als Strahlungs- und
Wetterschutz. Da sich die Wetterhütte bei starker Sonneneinstrahlung
erwärmen kann, ist ein Lüfter eingebaut, der die Messfühler stets mit
Umgebungsluft umströmt. Zusätzlich findet eine Temperaturmessung 5 cm
über dem Erdboden statt, welche vor allem nachts von großer Bedeutung
ist, z.B. für die Landwirtschaft (nächtlicher Frost in Bodennähe)
oder zur Abschätzung möglicher Gefährdung vor Straßenglätte. Zudem
wird die Erdbodentemperatur in 5, 10, 20, 50 und 100 cm Tiefe
gemessen. Sie ist besonders bei Vorhersagen für die Land- und
Bauwirtschaft von Bedeutung.

Luftfeuchte

Die Luftfeuchtigkeit wird mithilfe eines Polymer-Sensors bestimmt.
Dieser Spezialkunststoff ändert mit der Feuchtigkeit seine
elektrische Kapazität. Dabei unterscheidet man zwischen absoluter
Luftfeuchtigkeit, die den Gehalt an Wasserdampf in der Luft (in g/m³)
angibt, und der relativen Luftfeuchtigkeit (in %). Da warme Luft
deutlich mehr Wasserdampf enthalten kann als kalte Luft, hängt die
relative Luftfeuchtigkeit von der Temperatur ab. Bei 100% relativer
Luftfeuchtigkeit ist die Luft gesättigt und ein weiterer
Feuchteeintrag würde zu flüssigem Wasser kondensieren.

Sichtweite

Damit wären wir bei der Sichtweite. Ist die Luft mit Wasserdampf
gesättigt, kondensiert der überschüssige Wasserdampf zu flüssigem
Wasser (oder resublimiert bei sehr kalten Temperaturen zu Eis). Die
Sicht wird dadurch herabgesetzt, wobei man bei einer Sichtweite unter
8 km von Dunst und bei unter 1 km von Nebel spricht. Gemessen wird
die Sichtweite mithilfe von Streulicht. Befinden sich Luftpartikel in
der Luft, wird ein Lichtstrahl (z.B. von einem Autolicht oder einer
Taschenlampe) auch von der Seite sichtbar und zwar umso stärker, je
mehr Partikel sich in der Luft befinden. Dieses Prinzip nutzt der
Sichtweitensensor, der ein Lichtbündel aussendet, von dem ein Teil
des Lichts von Partikeln in der Luft gestreut wird. Das gestreute
Licht wird von einem Empfänger in einem definierten Streuwinkel
gemessen. Je mehr gestreutes Licht am Empfänger ankommt, desto
schlechter ist die Sichtweite.

Luftdruck

Der Luftdruck wird in Hektopascal (1 hPa = 100 Pa) gemessen. Auf
älteren Messgeräten findet man manchmal auch die Einheit Millibar
(mbar), was gleichbedeutend mit 1 hPa ist. Moderne Messgeräte
verwenden für die Erfassung des Luftdrucks ein mikromechanisches
Messelement aus Silizium, etwa so groß wie ein Fingernagel. Bei
Druckänderungen verformen sich Deckel und Boden des Fühlers, wodurch
sich dessen elektrische Kapazität ändert. Um den Luftdruck auf
Meeresniveau zu erhalten, muss der tatsächliche (von der
topographischen Höhe abhängige) Stationsluftdruck mithilfe einer
Reduktionsformel extrapoliert werden.

Windrichtung- und stärke

Wind wird in 10 Metern Höhe über dem Erdboden gemessen. Neben den
typischen Schalenkreuz-Anemometern werden heutzutage immer häufiger
Ultraschall-Anemometer angewendet. Diese bestehen aus vier
Ultraschall-Wandlern, die Ultraschallwellen sowohl aussenden als auch
empfangen können. Aus der Dauer der Schallausbreitung wird die
Windgeschwindigkeit ermittelt. Da das Anemometer eine drehbare Achse
besitzt, kann gleichzeitig die Windrichtung erfasst werden.

Die noch verbleibenden Wetterparameter (Niederschlag, Schneehöhe,
Sonnenscheindauer, Wolkenbedeckung und -untergrenze, Lufthygiene) und
deren Messmethoden werden im dritten und letzten Teil dieser Serie
beschrieben.


Dr. rer. nat. Markus Übel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 27.11.2022

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