Thema des Tages

15-12-2022 17:20

Wetter aktuell
Winterlicher Burnout


Was ein Winter dieser Spätherbst! Jaja, aus astronomischer Sicht
befinden wir uns noch im Herbst, auch wenn es sich mancherorts eher
nach tiefstem Winter anfühlt. Dieses Gefühl wird sich aber bald
ändern. Mehr dazu im heutigen Thema des Tages.


In weiten Teilen Deutschlands bekommt man beim Blick aus dem Fenster
momentan (je nach Region mal mehr, mal weniger) Schnee zu Gesicht.
Selbst im schneefeindlichen Offenbach hat es in den vergangenen Tagen
für eine kleine, zugegebener Weise recht abenteuerliche
Schlittenfahrt gereicht (wobei ?Schlitten? schon eine sehr
beschönigende Beschreibung für eine Plastiktüte ist...).

Großflächig schneefrei ist es am heutigen Donnerstag eigentlich nur
vom Niederrhein bis etwa zur niedersächsischen Elbe. Dort lässt dafür
aber wohl zumindest das Temperaturniveau winterliche Gefühle
aufkommen. Denn in der vergangenen Nacht rauschte die Temperatur über
dem Norden und der Mitte (zum Teil muss man sagen ?einmal mehr?) in
den Keller mit Tiefstwerten um -10 Grad, im Osten sogar bis -15 Grad.
Dazu blieb der positive Skalenbereich der Außenthermometer in
Deutschland in den letzten Tagen weitestgehend unberührt.

Deutlich milder war es am gestrigen Mittwoch dagegen im äußersten
Süden. Im Allgäu stieg die Temperatur zum Teil auf bis zu 6 Grad
(Oy-Mittelberg-Petersthal). Dieser Warmlufteinschub führte zusammen
mit Regen und gefrorenen Böden verbreitet zu Glatteis wie im
gestrigen Thema des Tages bereits ausführlich beschrieben.

Mittlerweile sind die Niederschläge dort abgeklungen und die Lage
kann sich etwas entspannen, aber bereits in der kommenden Nacht zum
Freitag droht die nächste Glatteislage. Betroffen davon sind
hauptsächlich die Regionen zwischen Bodensee, Bayerischem Wald und
Berchtesgadener Land, also grob gesagt das Alpenvorland. Im Laufe des
heutigen Abends ziehen aus den Alpen heraus Niederschläge auf, die
sich in der ersten Nachthälfte nordostwärts ausweiten. Grund dafür
ist einmal mehr ein kleinräumiges Tief, das kommende Nacht
ost-nordostwärts über die Alpen und Österreich Richtung Slowakei
zieht. Vorderseitig bleibt damit zunächst die Zufuhr milder Luft
erhalten (Temperatur in rund 1,5 km Höhe im Alpenvorland zwischen 0
und +4 Grad), sodass die Niederschläge in flüssiger Form auf die
erneut oder immer noch gefrorenen Böden fallen. Es muss also wieder
mit spiegelglatten Straßen und Wegen gerechnet werden.

Auf der Rückseite des Tiefs wird dann die ansonsten in Deutschland
befindliche Kaltluft ?angezapft?, sodass der Regen im Laufe der Nacht
in Schnee übergeht und den ganzen Freitag über anhält. Erst in der
Nacht zum Samstag verabschieden sich die Schneefälle südostwärts.
Nach dem gefrierenden Regen sind damit bis zu 10 cm Neuschnee drin,
in Staulagen der Alpen naturgemäß noch mehr. Auch nördlich der
?Glatteiszone?, etwa bis zu einer Linie Karlsruhe - Hof, wo die
Niederschläge durchweg als Schnee fallen, darf man sich auf wenige
Zentimeter Neuschnee freuen - zumindest wer möchte.

Schnee ist aber nicht nur im Süden ein Thema, sondern auch ganz im
Norden, genauer gesagt in Schleswig-Holstein, wo von der Nordsee
heranziehende Schneeschauer bis heute Abend ebenfalls vielfach für
etwas Neuschneezuwachs (lokal sogar bis zu 10 cm) sorgen.

Am Wochenende ist der Spuk dann vorbei. Unter Hochdruckeinfluss
bleibt es weitestgehend trocken und sofern es Nebel und Hochnebel
zulassen, lässt strahlender Sonnenschein die Schneeregionen förmlich
zum Winterwunderland werden! Tagsüber gibt es häufig Dauerfrost,
nachts wird es klirrend kalt bei oftmals um oder teilweise sogar
deutlich unter -10 Grad.

Eine wunderbare Basis für Weihnachten? Von wegen! Schon am Montag
gelangen wir in den Einflussbereich eines kräftigen
Tiefdruckkomplexes westlich der Britischen Inseln. In der Folge dreht
die Strömung auf Südwest und Deutschland wird mit sehr milder und
feuchter Atlantikluft ?geflutet?. Der Frühwinter verabschiedet sich
damit zwar völlig verausgabt, brockt uns zum Ende aber noch die
nächste ausgewachsene Glatteislage ein. Diese steht nach heutigem
Stand allerdings nicht nur dem Süden, sondern weiten Teilen
Deutschlands bevor.

Die Temperaturen machen einen fast schon brutalen Sprung nach oben.
Gibt es am Sonntag mit Ausnahme des Westens und vielleicht auch
Südwestens noch verbreitet Dauerfrost, stehen für Montag Höchstwerte
zwischen +10 Grad im Westen und +3 Grad im Osten auf der
Prognosekarte (einzig im Südosten könnte es noch einmal für
Dauerfrost reichen). Dazu wird es windig, auf den Bergen und an den
Küsten stürmisch. Tja und mit Blick auf den astronomischen
Winterstart am 21.12. (Mittwoch) nimmt die Temperatur in höheren
Luftschichten zwar schon wieder ab, durch den anhaltenden Wind merkt
man davon am Boden aber kaum etwas: Es sieht derzeit verbreitet nach
hohen einstelligen, in der Westhälfte häufig sogar zweistelligen
Höchstwerten aus. Da könnten ja beinahe schon Herbstgefühle
aufkommen...


Dipl.-Met. Marcel Schmid
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 15.12.2022

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