Thema des Tages

19-02-2023 13:20


Wissenschaft kompakt

Reger Ballonverkehr

In unserer Atmosphäre ist ganz schön was los. Neben einer großen
Anzahl an handelsüblichen Luftfahrzeugen tummeln sich darin auch
einige unbemannte Flugobjekte. Einige davon weisen einen
meteorologischen Kontext auf.

Vor wenigen Wochen sorgte ein in großer Höhe fliegender Ballon im
Luftraum der Vereinigten Staaten für allerhand Aufsehen. Nachdem
dieser am 28. Januar 2023 im Bereich der Aleuten (zu Alaska gehörende
Inselkette im Nordpazifik) zum ersten Mal im US-Luftraum gesichtet
wurde, endete seine Flugbahn nach einem kurzen Abstecher nach Kanada
zwangsweise am 04. Februar vor der Küste South Carolinas. Im Rahmen
der Berichterstattung wurden regelmäßig auch atmosphärische Begriffe
verwendet, die an dieser Stelle kurz eingeordnet werden sollen.

Die Atmosphäre der Erde ist keine homogene Lufthülle, sondern weist
je nach Abstand zur Erdoberfläche einige Besonderheiten auf. Den
meisten ist zwar noch bekannt, dass sich die Dichte der Luft und
damit auch der Luftdruck mit der Höhe kontinuierlich verringern, bei
der Temperaturverteilung ist der Verlauf aber schon wesentlich
komplexer und nicht jedem bekannt. Eine ganz entscheidende
Sprungschicht der Temperatur ist die sogenannte Tropopause, die die
darunterliegende Troposphäre von der darüber befindlichen
Stratosphäre abtrennt. Bis zur Tropopause nimmt die Temperatur mit
der Höhe oberhalb der Grenzschicht (unterste, ca. 1,5 km hohe
Schicht) normalerweise ab, darüber nach einer isothermen Schicht
wieder zu. Dadurch sind die Austauschprozesse zwischen diesen beiden
Schichten deutlich eingeschränkt. Für die Wettervorhersage ist dabei
entscheidend, dass die wesentlichen Wettervorgänge in der Troposphäre
stattfinden. Die Höhe der Tropopause variiert zwischen etwa 8 km an
den Polen und bis zu rund 17 km am Äquator. In unseren mittleren
Breiten kann von einer mittleren Höhe von etwa 10 km ausgegangen
werden, wobei bei gewissen atmosphärischen Konfigurationen diese
durchaus etwas tiefer oder höher liegen kann.

Um besser über diese wetteraktive Schicht Bescheid zu wissen, werden
vom Boden aus regelmäßig sogenannte "Radiosonden" gestartet. Diese
Messeinheiten sind an aufsteigende Ballone angebracht und schicken
auf ihrem Weg die gesammelten Daten der Vertikalsondierung
(Luftdruck, Temperatur, Luftfeuchte, sekundär auch Wind) zur
Erdoberfläche zurück. Allerdings müssen sich auch diese Ballone den
atmosphärischen Gesetzmäßigkeiten unterwerfen: Mit zunehmender Höhe
sinkt der Umgebungsdruck, dadurch dehnt sich das Ballongas und damit
auch die Ballonhülle deutlich aus. Letztendlich platzt er
normalerweise in einer Höhe von etwa 20 bis 30 km und die Messeinheit
fällt, (teilweise) mittels Fallschirm, auf die Erdoberfläche zurück
(der Höhenrekord bei den Aufstiegen des DWD liegt bei etwa 39 km).
Diese Art von Ballonen stellen im allgemeinen Sprachgebrauch die
sogenannten "Wetterballone" dar.

Der abgeschossene Ballon war dagegen ein sogenannter "Höhen- oder
Stratosphärenballon" und deutlich größer als die Radiosondenballone.
Diese operieren, wie der Name schon sagt, in der Stratosphäre in
einem Höhenbereich von ca. 18 bis 37 km. Die Höhenrekorde sind mit
etwa 53 km überliefert (zum Vergleich: Felix Baumgartner sprang bei
seinem Stratosphärensprung im Jahr 2012 aus eine Höhe von knapp 39
km). Ganz prinzipiell können auch diese Ballone wichtige
meteorologische Werte erfassen, denn die stratosphärischen Prozesse
und deren Auswirkungen auf das Wetter in der Troposphäre sind noch
nicht komplett erforscht und befinden sich deshalb im
wissenschaftlichen Fokus. Allerdings unterliegen die aufgefundenen
Trümmerteile den Untersuchungen der US-Regierungsbehörden,
wesentliche Ergebnisse sind noch nicht bekanntgegeben. Klar erscheint
aber, dass sich dieser Ballon deutlich von der bisher bekannten
Bauweise unterschied.

Die Flughöhe des Ballons wurde mit etwa 18 km angegeben, damit
bewegte er sich deutlich über jenen Niveaus, die die kommerzielle
Luftfahrt normalerweise für sich beansprucht. Handelsübliche
Düsenflugzeuge befinden sich im Reiseflug je nach Region etwa
zwischen 10 und 15 km. Ein unliebsames Rendezvous hätte es aber
durchaus mit der 2003 ausgemusterten Concorde geben können, denn
diese schaffte immerhin eine Reiseflughöhe von 15 bis 18 km.


Mag.rer.nat. Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.02.2023

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