Thema des Tages

01-03-2023 14:50


Wetter aktuell

Winter statt Frühling?!

Heute startet der März und damit auch der meteorologische Frühling.
Das Wetter verfolgt aber alles andere als frühlingshafte Pläne. Mehr
dazu lesen Sie im heutigen Thema des Tages.

Am heutigen 1. März beginnt wie jedes Jahr der meteorologische
Frühling. Das Wetter traut sich jedoch noch nicht so richtig, bei
diesem Jahreszeitenwechsel mitzugehen. Zwar scheint in weiten Teilen
des Landes die Sonne - und die kann einem Anfang März in
windgeschützten Lagen gefühlt durchaus schon ganz gut "einheizen".
Allerdings bleibt das Temperaurniveau mit Höchstwerten zwischen 2 und
9 Grad noch recht gedämpft.

Mit Blick auf die Luftdruckverteilung über Europa fällt einem direkt
eine ausgedehnte Hochdruckzone mit Zentrum zwischen Island und
Schottland auf, die sich von Grönland über Mitteleuropa bis zum
Schwarzen Meer erstreckt. HAZAL nennt sich dieses Hoch, das uns den
oben erwähnten Sonnenschein (aber mancherorts auch Nebel und
Hochnebel) bringt. Dem gegenüber befindet sich Tief ZAKARIYYA, das
auf internationalem Parkett auf den Namen JULIETTE hört, über dem
westlichen Mittelmeerraum. Da sich ein Hoch bekanntlich im und ein
Tief gegen den Uhrzeigersinn dreht, kommt die Strömung zwischen HAZAL
und ZAKARIYYA überwiegend aus östlicher bis nordöstlicher Richtung.
Damit gelangt kalte Kontinentalluft nach Deutschland, die es der
Sonne schwermacht, Frühlingsgefühle zu wecken. Über dem Süden und
Südwesten ist diese Strömung zudem recht lebhaft, sodass sich die
Luft durch den zum Teil böigen Ost- bis Nordostwind noch etwas kälter
anfühlt, als sie eigentlich ist. (T-Beispiel aus Süddeutschland?)

Dem Wind geht allerdings bereits ab dem morgigen Donnerstag
allmählich die Puste aus, denn Tief ZAKARIYYA schwächt sich ab.
Gleichzeitig beginnt sich ein Tiefdruckkomplex über Skandinavien
einzunisten, wodurch die Strömung über Deutschland langsam aber
sicher auf Nord dreht. Dadurch gelangt ab dem Wochenende polare
Kaltluft nach Deutschland, die für einen länger anhaltenden,
nasskalten bis winterlichen Abschnitt sorgen könnte.

Deutliche Hinweise auf ein solches Szenario liefert seit ein paar
Tagen die Ensembleprognose des auf mittelfristige Vorhersagen
spezialisierten Modells des ECMWF. Aufgrund der mit der Zeit deutlich
zunehmenden Vorhersageunsicherheit, versucht man mit Hilfe von
Ensembleprognosen diese Unsicherheit abzuschätzen. Dabei wird für
einen Ort nicht nur eine, sondern mehrere Prognosen mit leicht
veränderten Anfangsbedingungen gerechnet. Dieses sogenannte Ensemble
beinhaltet beim ECMWF 51 Mitglieder, also 51 Vorhersagen. Je weiter
sich diese Vorhersagen voneinander unterscheiden, desto unsicherer
ist die Prognose. Liegen sie dagegen nah beieinander, ist sich das
Ensemble einig, in welche Richtung sich das Wetter entwickeln soll.

Mit Blick auf die Ensemblevorhersage der Temperatur in 850 hPa (etwa
1500 m Höhe) am Beispiel Offenbach erkennt man schön, dass das Gros
der einzelnen Vorhersagen (dünne, rot-gestrichelte Linien) bis
einschließlich übermorgen (Freitag) recht nah beieinanderliegen und
um die 0-Grad-Marke tänzeln. Niederschlag hat dagegen kein einziges
Ensemblemitglied auf der Agenda. Am Wochenende rauscht die Temperatur
dann aber in den Keller, da ist sich das Ensemble einig. Die Frage
ist letztlich, wie tief der Keller ist. Die Mitglieder spannen einen
Raum von etwa -5 bis -13 Grad (in rund 1500 m Höhe - nur zur
Erinnerung) auf, den sogenannten Spread. Die meisten Vorhersagen
tummeln sich dabei zwischen -6 und -10 Grad und das sogar über weite
Teile der nächsten Woche. Es gibt auch immer wieder einzelne
Ensemblemitglieder, die zum Teil sogar in den positiven Bereich
abdriften. Dieses Szenario muss nach momentanem Stand aber als
Außenseiterlösung und daher als unwahrscheinlich abgestempelt werden.
Erst zum Ende nächster Woche gewinnen die Ausreißer nach oben die
Überhand.

Die Temperatur geht es also erst einmal zurück, gleichzeitig nehmen
aber die Niederschlagssignale zu, was übrigens nicht nur für
Offenbach, sondern für ganz Deutschland gilt. Das bedeutet also auf
jeden Fall für das Bergland winterliche Aussichten, wobei sich - je
nach "Kellertiefe" - auch in tiefen Lagen immer wieder mal etwas
Schnee die Ehre geben dürfte.

Schlechte Nachrichten also für alle Frühlingsfans. Ihnen bleibt nur
die Hoffnung, dass das Wetter nicht auch den astronomischen
Frühlingsstart am 20. März verschläft.


Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 01.03.2023

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst