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31-03-2023 13:20


Wissen kompakt

Wetterdienst stellt tierische Wetterpropheten ein

Sparmaßnahmen drängen den DWD dazu, neue Wege der Wettervorhersage zu
gehen. Eine Evaluierung soll 2025 erfolgen.

Einige Wetterlagen haben für uns Prognostiker so ihre Tücken: Eine
Westwetterlage, wie sie auch aktuell herrscht, kommt zum Beispiel
häufig mit Niederschlag und Wind daher. Die groben Abläufe sind dann
meist klar, aber ob in den Mittelgebirgen tatsächlich 40 bis 60 Liter
pro Quadratmeter in 48 Stunden zusammenkommen oder ob die Mengen doch
unterhalb der Warnschwelle verbleiben, ist manchmal im Vorfeld nicht
genau absehbar. Genauso kann einem zäher Nebel bei einer winterlichen
Hochdruckwetterlage die vorhergesagte Sonnenscheindauer vermiesen
oder den Gewittern im Sommer geht doch früher die Puste aus als
angenommen.

Solch Fehlvorhersagen ärgern uns Meteorologinnen und Meteorologen
natürlich oft selbst am meisten. Vermehrt bekommen wir in diesen
Fällen aber auch Kritik von außen. Wie kann es sein, dass im 21.
Jahrhundert mit Hochleistungsrechnern und Supercomputern immer noch
keine verlässliche Prognose möglich ist? Wieso werden Steuergelder
für Vorhersage-Meteorologen ausgegeben, wenn die Wettervorhersage von
der Handy-App doch mindestens genauso gut ist?

Diese Kritik ging auch am Bundesministerium für Digitales und
Verkehr, dem der Deutsche Wetterdienst als oberste Bundesbehörde
unterstellt ist, nicht spurlos vorüber. Sparmaßnahmen erfordern, dass
Personalkosten gespart und der aufgeblähte Beamtenapparat verschlankt
werden soll. Da lag der Gedanke nahe, dass dutzende Stellen von
höheren und gehobenen Diensten in der Wettervorhersage eingespart
werden könnten. Doch vollkommen ersatzlos soll dieser Abbau nicht
vonstattengehen. Vielmehr soll der Wetterpark in Offenbach in einen
Wettertierpark umgewandelt werden, in dem bis zu hundert tierische
Wetterpropheten Platz finden sollen. Mithilfe von Schwalben,
Fröschen, Murmeltieren oder Grillen soll dann ab 2024 das aktuelle
Wetter bestimmt, sowie die Vorhersage für die nächsten Tage erstellt
werden. Quaken die Frösche zum Beispiel besonders laut, kündigt das
Regen an. Zeigen sie einen ausgeprägten Klettertrieb, wird das Wetter
sonnig. Für die Temperaturmessungen werden extra einige Grillen aus
den USA importiert. Die "Oecanthus fultoni", auch Thermometergrille
bezeichnet, hat eine Zirp-Frequenz, die proportional zur Temperatur
ist: Zählt man 13 Sekunden lang, wie oft die Grille zirpt und addiert
zu dieser Zahl 40, erhält man die aktuelle Lufttemperatur in Grad
Fahrenheit (Dolbearsches Gesetz). Wer braucht da noch teure
Messgeräte?

Ganz auf die Meteorologen zu verzichten ist allerdings nicht Plan der
Sache, schließlich sollen sie stichprobenweise noch die Ergebnisse
von Computermodellen zum Vergleich auswerten, um 2025 ein erstes
Fazit zu ziehen. Und vielleicht können sie perspektivisch ja sogar
einige Eigenschaften der tierischen Kollegen adaptieren? Insgesamt
rechnet das Verkehrsministerium bei diesem Vorhaben, das beispiellos
im europäischen Raum ist und zu einem "Leuchtturmprojekt" werden
könnte, mit einem Einsparpotenzial von rund 70 Prozent. Zehn
Murmeltiere für einen Meteorologen ? und das bei deutlich geringeren
Futterkosten im Vergleich zu den Personal- und Pensionskosten. Ein
gutes Startpolster, um die geplanten 144 Autobahnprojekte zu
realisieren.

Aber noch eine weitere Aufgabe bleibt uns Meteorologinnen und
Meteorologen in Zukunft erhalten: Die Unwetterclips, die auf
Facebook, Twitter und in der WarnWetter-App veröffentlicht werden,
sollen auch weiterhin ihren Weg ins Netz finden, solange es noch
Unschärfen bei der Verständigung gibt. Allerdings mit einer Neuerung:
Statt mit Hemd oder Bluse vor die Kamera zu treten, sollen wir ins
Murmeltier- oder Froschkostüm schlüpfen ? für eine möglichst
authentische Vorhersage.

Zum Abschluss an dieser Stelle noch ein Aufruf: Sollten Sie tierische
Wetterpropheten abzugeben haben, die sich bereits in
unterschiedlichen Wetterlagen bewährt haben, schreiben Sie uns gern
mit Foto, Lebenslauf und der gewünschten Ablösesumme an tdt@dwd.de
unter dem Stichwort "vorgezogener Aprilscherz 2023".



Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 31.03.2023

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