Thema des Tages

23-10-2016 14:40

Der erste Schnee

Alle Jahre wieder erweist sich der erste Schneefall der beginnenden
Wintersaison als überaus medienwirksam. Es ist schon fast zu einem
Ritual geworden, die einzelnen Schneeflocken bei ihrem Tanz vom
Himmel bis zum Erdboden quasi in Echtzeit zu begleiten. Wenn der
Schnee die Landschaft um Brocken, Fichtelberg und Co. in ein weißes
Kleid taucht, führt das nicht selten eine Schlagzeile an prominenter
Stelle nach sich. Doch wie besonders ist dieser "Herbstschnee" auf
den Bergen wirklich? Wann müssen wir im vieljährigen Mittel auch in
den tieferen Lagen mit dem ersten Schnee rechnen?

In erster Näherung gilt, je höher und je östlicher man wohnt, desto
früher sollte man die Schneeschippe parat haben. Die Karte auf
www.dwd.de/tagesthema zeigt, wo auf Grundlage des
Beobachtungszeitraumes 1971-2000 wann im Mittel die erste Schneedecke
mit mindestens 1 cm Mächtigkeit auftritt. Während in den Hochlagen
der Alpen (z. B. auf der Zugspitze) schon im Spätsommer der erste
Schnee vom Himmel rieseln kann, wird es in den übrigen höchsten
Kammlagen der Gebirge (z. B. Schwarzwald, Bayerischer Wald,
Erzgebirge, Thüringer Wald, Harz, Rothaargebirge usw.) im Mittel
zwischen Ende Oktober und Anfang November zum ersten Mal weiß. In den
mittleren Lagen im Mittelgebirgsraum und allgemein im Osten
Deutschlands dauert es in der Regel bis Ende November/Anfang
Dezember. In den west- und südwestdeutschen Flussniederungen sowie
Richtung Nordwesten und direkt an der Küste wird es mit Schnee bis
zum Jahreswechsel schon richtig schwierig. Vor allem zwischen
Niederrhein und Nordseeküste fällt der erste Schnee im Mittel erst
zwischen Ende Dezember und Ende Januar.

Es liegt allerdings in der Natur der Sache, dass das sehr variable
und sich selten an Mittelwerte "klammernde" Wettergeschehen auch
immer wieder Überraschungen für uns parat hat. So ereignete sich
beispielsweise im Jahre 2012 einer der frühesten Wintereinbrüche
überhaupt seit Beginn regelmäßiger Wetteraufzeichnungen. Am 27.
Oktober 2012 kam es besonders im Südosten Deutschlands zu Schneefall
bis in die Niederungen. Eine geschlossene Schneedecke - teils bis 20
cm Mächtigkeit - gab es z. B. in den Großstädten Dresden, Leipzig,
Gera, Erfurt und Stuttgart. Der kräftige Wintereinbruch im Oktober
2012 lässt sich aber getrost als außerordentliches Ereignis
bezeichnen, das in diesem Ausmaß statistisch gesehen nur alle paar
Jahrzehnte auftritt.

In Anbetracht der klimatologischen Mittelwerte dürfte uns Schnee auf
den höheren Bergen Mitte bis Ende Oktober also eigentlich nicht
großartig überraschen, tritt dieser doch in aller Regelmäßigkeit
bereits zu dieser Jahreszeit auf. Vielleicht mag der vergangene,
zugegebenermaßen nicht gerade schneereiche Winter schon fast in
Vergessenheit geraten sein, eine überzuckerte Landschaft daher
einigermaßen ungewohnt sein. Auf der anderen Seite, seien wir doch
mal ehrlich: Eine in ein jungfräuliches Weiß getauchte Landschaft
kann nach dem vielen Grün der letzten Monate schon ein erfrischender
Anblick sein.

Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 23.10.2016