Thema des Tages

04-04-2023 14:20


Wetter aktuell
Tornado-Outbreaks in den USA


Nach dem verheerenden Tornadoausbruch in den USA am vergangenen
Monatswechsel steht der nächste bereits vor der Tür - in etwa
derselben Region. Mehr dazu lesen Sie im heutigen Thema des Tages.


Zahlreiche Tornados sorgten am vergangenen Freitag und in der Nacht
zum Samstag in Teilen des Südens und Mittleren Westens der USA für
Verwüstungen, viele Verletzte und leider auch 26 Tote. Besonders
betroffen davon waren ein Bereich von Iowa über Illinois bis Indiana
und ein weiterer von Arkansas über den Norden Mississippis und den
Südwesten Tennessees bis in den Norden Alabamas.

Insgesamt gingen 116 Tornadomeldungen beim Storm Prediction Center
(SPC) des US-Wetterdienstes ein, wobei die tatsächliche Anzahl durch
Mehrfachsichtungen ein- und desselben Tornados etwas niedriger liegt.
Tatsächlich geht man derzeit von mindestens 104 Tornados aus. Zehn
davon wurden dabei aufgrund der aufgetretenen Schäden der Kategorie
EF3 zugeordnet, was einem Windgeschwindigkeitskorridor zwischen 218
und 266 km/h entspricht (Rotationsgeschwindigkeit wohlgemerkt). Ein
Tornado, der über dem Südosten Iowas eine Schneise der Verwüstung
hinterließ, wurde sogar als "schwacher" EF4 klassifiziert. Er
existierte eine Stunde lang und legte dabei bemerkenswerterweise
knapp 70 km zurück. Abbildung 1 zeigt die beim SPC eingegangenen
Tornadomeldungen als rote Punkte markiert (in blau Sturm- und
Orkanböen, in grün Hagel).

Wie kam es zu diesem Outbreak (deutsch: Ausbruch)? Am Donnerstag
(30.04.) entwickelte sich am Ostrand der Rocky Mountains (etwa über
Colorado) ein Tief, das sich rasch zum Sturmtief mauserte und
ost-nordostwärts Richtung Große Seen zog. Auf seiner Ostflanke wurde
sehr feuchte und instabile Luft vom Golf von Mexiko bis weit in den
Mittleren Westen der USA transportiert. Ein weiteres, in höheren
Luftschichten vorhandenes Tief verlagerte sich gleichzeitig von den
Rockies ostwärts. Es lieferte den nötigen Impuls zur Hebung dieser
energiegeladenen Luftmasse, was die Entstehung kräftiger Gewitter zur
Folge hatte. Aufgrund der zusätzlich starken Windscherung (Drehung
und Zunahme der Windgeschwindigkeit mit der Höhe) konnten sich diese
schnell zu Superzellen organisieren, die diese Vielzahl an Tornados
hervorbrachten.

Das SPC lieferte bereits am 26.03. erste Hinweise, dass es zum
Monatswechsel in einem Bereich zwischen Iowa und Illinois im Norden
und Osttexas und Nordlouisiana im Süden ordentlich zur Sache gehen
könnte. Am 29.04. gab das SPC ein Enhanced Risk, also ein erhöhtes
Unwetterrisiko für die gefährdeten Regionen heraus (Gefahrenstufe 3
von 5), was am nächsten Tag in zwei Bereichen auf ein Moderate Risk
erhöht wurde (Stufe 4 von 5). Am Tag des Ausbruchs stufte das SPC die
Tornadogefahr insgesamt noch etwas größer ein als zuvor, was in einem
großflächigen Moderate Risk und in zwei kleinen Bereichen sogar in
einem High Risk (Stufe 5 von 5) mündete. Vergleicht man die
prognostizierten Gefährdungsbereiche mit den eingegangen
Unwettermeldungen, so stimmen beide Regionen ziemlich gut miteinander
überein. Mehr oder weniger ein Volltreffer!

Ein Blick in die Klimatologie zeigt, dass Tornados im März in den
betroffenen Regionen durchaus keine Seltenheit sind (Abbildungen 3
und 4). Im langjährigen Mittel (1997 bis 2021) kommt es dort zu etwa
drei bis fünf Tornados pro Staat. Im April sind es dann bereits
sieben bis 14 Stück. Dass sich Einzelereignisse aber grundlegend vom
Mittel unterscheiden können, zeigte dieser Ausbruch eindrucksvoll. Im
US-Mittel treten im März 84, im April 187 Tornados auf. Der
vergangene Ausbruch zählte, wie bereits geschrieben, mindestens 104
Tornados und liegt damit also deutlich über dem Märzmittel.

Und am heutigen Dienstag droht bereits der nächste Tornadoausbruch.
Das SPC gab vor allem in einem Streifen von Arkansas bis nach Iowa
und Illinois ein Enhanced Risk und für zwei kleine Bereiche von
Südost-Iowa bis nach Nordwest-Illinois sowie von West-Arkansas bis
nach Süd- Missouri ein Moderate Risk aus (siehe Abbildung 5).
Erinnerungen werden wach, denn damit stehen fast dieselben Regionen
wie wenige Tage zuvor im Fokus. Bleibt zu hoffen, dass es dieses Mal
bei rein materiellen Schäden bleibt oder zumindest keine Todesopfer
zu beklagen sind.


Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 04.04.2023

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