Thema des Tages

06-04-2023 11:20


Wissenschaft kompakt

Löcher in der Luft?

Wer kennt es nicht, wenn das schnelle Absinken des Flugzeugs ein
mulmiges Gefühl in der Magengegend auslöst? Auf vielen Flugreisen ist
man sogenannten Turbulenzen ausgesetzt. Grund genug, einen genaueren
Blick auf dieses im Volksmund als "Luftlöcher" bezeichnete Phänomen
zu werfen.

Aktuell laufen in den meisten Bundesländern die Osterferien. Dies
macht sich auch in der Tourismusbranche bemerkbar, es zieht die Leute
raus aus den eigenen vier Wänden. Um möglichst schnell zum Urlaubsort
zu gelangen, bietet sich - je nach Entfernung - eine Flugreise an.
Bereits beim Start der großen Metallkiste stellt sich dann dieses
aufregende Gefühl ein, wenn die Maschine das Rollfeld entlang rollt,
die Turbinen aufheulen, das Flugzeug unter großer Beschleunigung auf
das Ende der Startbahn zurast und der eigene Körper in den Sitz
gedrückt wird. Dann hebt die Maschine ab, Adrenalin schießt durch die
Adern. Der Blick aus dem Fenster lässt die umliegende Landschaft mit
zunehmender Höhe rasch kleiner aussehen. Nach wenigen Minuten
verspürt man allmählich eine Beruhigung, die Beschleunigung des
Flugzeugs lässt nach und der eigene Puls normalisiert sich wieder.
Das kann jedoch täuschen.
Die meisten Flugreisenden werden es schon erlebt haben. Aber nicht
nur Menschen mit Aviophobie, also der Angst vorm Fliegen, jagt es
einen Schrecken ein. Die Rede ist von einem Phänomen, das im
allgemeinen Volksmund als "Luftloch" bezeichnet wird. Dabei handelt
es sich allerdings keinesfalls um ein Loch in der Luft, sondern um
Turbulenzen. Diese sorgen für ein schnelles Auf- oder Absteigen wie
bei einer wilden Achterbahnfahrt und können das Flugzeug gut
durchschütteln. Da der Mensch recht sensibel auf Änderungen der
Gewichtskraft reagiert, entsteht vor allem beim überraschenden
Absinken der Maschine ein unangenehmes Gefühl in der Magengrube. Wer
angeschnallt ist, muss sich aber keine Sorgen machen. Die schweren
Metallkolosse sind konstruiert, um den auf sie einwirkenden Kräften
standzuhalten. Aber wodurch treten solche Turbulenzen in der Luft
auf?
In und um Wolken herrschen teils starke Auf- und Abwinde. Durchquert
nun eine Passagiermaschine eine Wolke mit einer hohen Geschwindigkeit
(diese variiert je nach Flughöhe und Windverhältnissen, in 6 bis 11
km beispielsweise über 800 km/h relativ zur Erdoberfläche), so
erfährt die Maschine rasch aufeinanderfolgende Auf- und Abwinde, die
sie samt Passagieren gründlich durchschütteln.
Aber auch in wolkenfreier Luft kann es turbulent zugehen. Bei
fehlender Luftfeuchtigkeit beispielsweise können Aufwinde auch ohne
sichtbare Wettererscheinungen in Form von Wolken auftreten. In diesem
Fall spricht man von "Blauthermik". Treffen Luftmassen mit
unterschiedlichen Windgeschwindigkeiten oder ?richtungen in größeren
Höhen aufeinander, kommt es ebenfalls zu Turbulenzen. Meist treten
diese Arten der Turbulenz überraschend auf, da sie in der Regel keine
sichtbaren Wettererscheinungen mit sich bringen und somit mit bloßen
Augen nicht erkennbar sind.

Gebirgszüge wie zum Beispiel die Alpen in Europa, die Rocky Mountains
in Nordamerika oder auch das Himalaya-Gebirge in Asien müssen bei
Anströmung ihrer Flanken von Luftmassen überquert werden. Dadurch
kommt es zu einem erzwungenen Aufsteigen der Luftmassen, was selbst
in großen Höhen noch registriert werden kann. Rückseitig der Gebirge
sinkt die Luft wieder ab. Überquert also ein Flugzeug einen
Gebirgszug, muss ebenfalls mit entsprechenden Turbulenzen gerechnet
werden.

Ein weiterer Ort, an dem es zu turbulenten Störungen in der
Atmosphäre kommt, ist an sogenannten Frontalzonen oder Fronten, also
dort, wo warme und kalte Luftmassen großflächig aufeinandertreffen.
Heute liegt ein schwacher Tiefausläufer (also eine Front) über
Benelux und Frankreich und beeinflusst zunehmend auch die Westhälfte
Deutschlands. Allerdings sind die Luftmassenunterschiede vorder- und
rückseitig dieser Front nicht allzu groß und die Höhenwinde nicht
allzu stark, weswegen sich auch die Turbulenz im Bereich der Front in
Grenzen hält.

Der Deutsche Wetterdienst unterstützt die Luftfahrt grundsätzlich mit
vielen meteorologischen Informationen, auch mit Turbulenzvorhersagen,
mit Wetterbeobachtungen im Luftraum und an Flugplätzen sowie mit
Warnungen vor diversen Wettererscheinungen. Diese können über
Briefingsysteme oder die FlugWetter-App abgerufen werden. Darüber
hinaus werden verschiedene Dienstleitungen wie zum Beispiel die
individuelle Flugwetterberatung oder Flugwetterseminare angeboten.**


M.Sc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 06.04.2023

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