Thema des Tages

25-10-2016 14:40

Typische Zugbahnen der Zyklonen

Prof. Dr. Wilhelm Jacob van Bebber (1841-1909) geboren in Grieth am
Rhein war ein deutscher Naturwissenschaftler und Meteorologe an der
Deutschen Seewarte in Hamburg.

Zur Verbesserung der Wettervorhersagen analysierte er in der zweiten
Hälfte des 19. Jahrhunderts die Zugstraßen von Tiefdruckgebieten
(Zyklonen). Er kategorisierte diese in wiederkehrende Zyklonenbahnen
mit römischen Zahlen (siehe auch Grafik unter
http://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2016/10/25.html):

I: Tief vom Atlantik nördlich an Großbritannien vorbei Richtung
Nordosten über das Europäische Nordmeer bis Nordskandinavien (Ia),
dann weiter Richtung Südost (Ib), Ost (Ic) oder Nordost (Id).

II: Tief vom Atlantik nördlich an Großbritannien vorbei Richtung
Osten über Zentral- bzw. Südskandinavien nach Nordosteuropa.

III: Tief vom Atlantik nördlich an Großbritannien vorbei Richtung
Südosten über Südskandinavien nach Osteuropa.

IV: Tief vom Atlantik über den Südteil von Großbritannien Richtung
Nordosten über die Nordsee und Südskandinavien (IVa) oder über
Norddeutschland (IVb) nach Nordosteuropa.

V: Tief vom Atlantik südlich von Großbritannien südostwärts über
Frankreich in den Mittelmeerraum (Va). Tief vom nördlichen
Mittelmeerraum nord- bzw. nordostwärts Richtung Nordosteuropa (Vb),
Richtung Osten (Vc) oder Richtung Südosten (Vd).

In der heutigen Wettervorhersage haben diese kategorisierten
wiederkehrenden Zyklonenzugstraßen an Bedeutung verloren, denn die
moderne computergestützte numerische Wettervorhersage liefert uns
inzwischen Tage im Voraus meist sehr brauchbare Informationen über
die Verlagerung und die Entwicklung von Tiefdruckgebieten. Die
meisten der genannten Bezeichnungen sind somit weitgehend in
Vergessenheit geraten. Umso erwähnenswerter ist eine Ausnahme: die
"berühmt-berüchtigte" Vb-Zugbahn (auch Vb-Wetterlage). Diese hat sich
im Meteorologenjargon bis heute gehalten. Der Grund dafür ist, dass
viele historisch signifikante Hochwasser in Mitteleuropa ihren
Ursprung in dieser Tiefdruckzugbahn haben. Dabei wird nach einer
typischen Tiefdruckverstärkung im Raum um Genua (Italien) mit der
Vb-Verlagerung sehr feuchte Mittelmeerluft nach Mitteleuropa geführt.
Durch Aufgleiten dieser warmen, feuchten Luft auf kalte Luft am Boden
entwickeln sich großräumige Regengebiete. In Staulagen an den
Nordrändern der Mittelgebirge und Alpen können sich diese noch einmal
verstärken und zu länger anhaltenden und ergiebigen Niederschlägen
führen.

Bekannte Beispiele für sehr schadensträchtige Vb-Ereignisse sind etwa
die Hochwasser von August 2002 oder Mai 2013. Hier wurden
beispielsweise an Elbe, Donau und Inn erhebliche Schäden durch
Hochwasser verursacht.

Mag.rer.nat. Michael Tiefgraber
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 25.10.2016

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