Thema des Tages

28-04-2023 14:20


Wissenschaft kompakt

Das weiße Gold

Es gilt als DAS Edelgemüse in Deutschland - der Spargel. Unter
welchen Bedingungen fühlt er sich am wohlsten und was sind darüber
hinaus weitere Faktoren?

"Edelgemüse", "königliches Gemüse", "Weißes Gold" - viele heroische
Synonyme ranken sich um die kulinarische Spezialität. Doch warum
eigentlich? Immerhin können laut einer Umfrage 13% der Deutschen so
gar nichts mit dem eigenen Geschmack anfangen. Bei stolzen 64% der
Erwachsenen - und damit knapp zwei Dritteln - liegt er allerdings
weit vorne in der Beliebtheitsskala. Im Schnitt verzehrt jeder
Deutsche rund 1,5 Kilo pro Jahr. Das Wort "stolz" ist auch ein gutes
Stichwort, wenn es um den Preis geht. Trotz Inflation mitsamt
gestiegener Produktionskosten sowie Erhöhung des Mindestlohns
versuchen die Spargelbauern die Preise für die Verbraucher halbwegs
stabil zu halten. Ein schwieriger Spagat...

Nach wie vor wird überwiegend per Hand geerntet, da er so nicht
beschädigt wird. Entwicklungen um den Einsatz von Ernte-Robotern
laufen auf Hochtouren, noch aber sind finanzieller Aufwand und
Verluste zu hoch. Die immer noch vergleichsweise hohe Nachfrage hat
längst die ausländische Konkurrenz auf den Plan gerufen. So haben
gerade Gemüsehändler in den Mittelmeerländern (vor allem Spanien und
Griechenland, die als ursprüngliche Heimat des Spargels gelten) die
Lukrativität dieses Geschäftes für sich erkannt. Angesichts der
jüngsten und extrem frühen Hitzewelle und Dürre in Spanien stellt
sich allerdings schon die Frage, wie nachhaltig diese Konzepte sind.
Und dennoch stellen Exporte nach Deutschland in der Vorerntezeit der
hiesigen Spargelbauern ein lukratives Geschäft dar. Daher versucht
man auch hierzulande durch beheizte Böden und dunkle Abdeckplanen
(stärkere Absorption der Sonnenstrahlung und damit ebenfalls
Erwärmung) die Ernte zu beschleunigen. Durch genannte Maßnahmen kann
man immerhin bis zu 2 Wochen Zeit gewinnen. Das rechnet sich in der
Summe allerdings immer weniger, weshalb viele Bauern ihre
Anbauflächen für Spargel immer weiter verkleinert haben. Die
Supermärkte reagieren auf das Kaufverhalten der Konsumenten und
bedienen sich bei der billigeren Importware - ein Teufelskreis. Der
Deutsche Bauernverband schlug bereits mehrmals Alarm, dass aus diesen
Gründen Spargel und auch Erdbeeren eines Tages von den heimischen
Feldern verschwinden könnten. "Vergangenes Jahr wurden Erdbeer- und
Spargelflächen teilweise nicht mehr abgeerntet", sagte
Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied.

Spargel ist sehr wetterempfindlich. Er benötigt vor allem Sonne,
Wärme und ein gesundes Maß an Feuchtigkeit. Spätfröste, wenig
Sonnenschein und Staunässe sind normalerweise Gift für das sensible
Gemüse. Besonders wohl fühlt es sich bei reichlich Sonnenschein, in
humusreichen, lockeren Böden mit Temperaturen von mindestens 16 Grad
und einem PH Wert um 6. Hierzulande startet die Spargelsaison
üblicherweise Mitte April und endet traditionell am 24. Juni jeden
Jahres (Johannestag oder auch "Spargelsilvester"). Längere
Erntephasen sind zwar möglich - insbesondere bei verspätetem Beginn -
der Spargel benötigt jedoch dringend die Regenerationsphase im Sommer
für die nächste Saison, sagt doch eine alte Bauernweisheit: "Kirschen
rot - Spargel tot!". Allgemein gilt eine Ruhephase von 3 Monaten vor
Auftreten der ersten Fröste im Herbst als ideal.

Aufgrund der aktuellen Witterung mit einem in etwa normal
temperierten Frühjahr (März rund 1 Grad zu mild, April rund 1,5 Grad
zu kühl im Vergleich zur Referenzperiode 1991-2020) gab es in einigen
Regionen schon Ende März und vor allem zu den Osterfeiertagen den
ersten einheimischen Spargel. Auch beim Sonnenschein gibt es kaum
nennenswerte Abweichungen zum langjährigen Mittel. Allerdings ist im
Vergleich zu den Vorjahren ein deutliches Niederschlagsplus zu
verzeichnen. So folgte auf den nassesten März seit gut 20 Jahren nun
der erste zu nasse April seit 15 Jahren. Sprich von 2009 bis 2022
fielen sämtliche Aprilmonate zu trocken aus. Bei etwas schweren Böden
kann daher Staunässe zum Problem werden.

Aber auch die Spätfröste müssen im Blick behalten werden. So gab es
in der Nacht zum Mittwoch über weiten Teilen der Landesmitte, in den
Folgenächten gebietsweise auch weiter nördlich und östlich, leichte
Luftfröste. In Bodennähe sank das Thermometer mitunter auf Werte um
-5 Grad ab. Gerade bei mehreren Frostnächten in Folge oder mäßigen
Nachtfrösten wird's dann brenzlig. Für die kommende Woche deutet sich
gerade für den Norden und Osten des Landes weiterhin erhöhtes
Frostpotential an. Bleibt zu hoffen, dass die Ernteausfälle gering
bleiben und die über 100.000 Tonnen Stangengemüse (laut Statistischem
Bundesamt wurden im Jahr 2022 rund als 110.300 Tonnen Spargel in
Deutschland geerntet) als Salat, Auflauf, im Schinken ummantelt oder
mit Sauce Hollandaise garniert auf den Tellern landen.


Dipl.-Met. Robert Hausen
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 28.04.2023

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