Thema des Tages

01-06-2023 12:50


Wetter aktuell
Der meteorologische Sommer hat begonnen!


Da nun - meteorologisch gesehen, wieder die Sommerwetterzeit begonnen
hat, ist ein Ausblick darauf, was uns erwartet, an dieser Stelle wohl
erlaubt.


Der meteorologische Sommeranfang zeigt sich gerade in der Mitte und
im Süden von seiner sonnigen, vor allem im Osten und Nordosten schon
seit geraumer Zeit erneut von seiner anhaltend trockenen Seite. In
diesem Zusammenhang drängt sich die Frage auf, was wir in Deutschland
wetter- und witterungstechnisch von den bevorstehenden drei
Sommermonaten zu erwarten haben.

Zu Beginn sei auf die aktuelle Mittelfristvorhersage verwiesen, die 7
bis 10 Tage in die Zukunft schaut, manchmal auch mit Trendangaben bis
zu Tag 15.

Ab diesem Zeitpunkt würde man dann allerdings schon vom subsaisonalen
Bereich der Wettervorhersage sprechen, wobei diese Steilvorlage als
Überleitung zu saisonalen Klimavorhersagen geeignet ist. Saisonale
Klimavorhersagen geben eine Prognose darüber ab, mit welcher
Wahrscheinlichkeit die kommenden Monate wärmer/kälter oder auch
trockener/feuchter als im langzeitlichen Mittel werden. Die
Kombination von numerischen Vorhersagen für die zukünftige Periode
mit zusätzlichen Vorhersagen aus der Vergangenheit erlaubt eine
gewisse statistische Bewertung der Prognosen und die Ableitung von
Trendaussagen auf Basis einer Klimatologie. Im Thema des Tages vom
11.05.23 wurde die aktuelle saisonale Wettervorhersage bereits
ausführlich seziert, einschließlich Verweis auf die Copernicus-Seite
(Multimodellvorhersage mit schöner Zusammenfassung der Highlights).

Schaut man auf die prognostizierte mittlere Luftdruckverteilung auf
Meereshöhe über die drei Sommermonate, fällt - unabhängig von im
Sommer oft schwächeren Luftdruckgegensätzen - doch ein gewisses
Muster auf, nämlich die erhöhte Wahrscheinlichkeit für höheren
Luftdruck über dem östlichen Nordatlantik und Teilen Skandinaviens.
Demgegenüber stehen relativ deutliche Signale für tieferen Luftdruck
über Süd- und Südwesteuropa. Diese Konstellation entspräche für den
Index der Nordatlantischen Oszillation (kurz NAO-Index) wohl eine
(leicht) negative Abweichung.

Soweit so gut, aber was heißt Letzteres nun etwas konkreter für die
zu erwartenden (mittleren) Witterungsverhältnisse bzw. mögliche
Wettermuster über die Sommermonate für den atlantisch-europäischen
Wetterraum und speziell für Mitteleuropa?

?NAO negativ? bedeutete eine nach Süden verschobene Frontalzone im
atlantischen Sektor (teilweise Verbindung von Subpolar- und
Subtropen-Jet), bis in den zentralen Mittelmeerraum reichend.
Demgegenüber haben wir prognostizierte positive Luftdruckabweichungen
im östlichen Mittelmeerraum bis zum Schwarzen Meer und Kleinasien.
Damit steigt vom zentralen-östlichen Mittelmeerraum bis nach
Kleinasien das Risiko markanter Hitzewellen (vergleich Hitzewelle in
großen Teilen des Mittelmeerraums in 2019 bei damals ebenso NAO
negativ).

Positive Luftdruckabweichungen erkennt man auch vom östlichen
Nordatlantik bis nach Skandinavien, mit entsprechend simulierter
positiver Temperaturabweichung in diesen Bereichen.

Für Mitteleuropa bestünde somit eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für
insgesamt (leicht) zu warme Verhältnisse, bei wohl insgesamt
häufigeren Großwetterlagen (GWL) mit nordwestlichen oder nördlichen
Strömungsverhältnissen - zyklonal oder antizyklonal ausgepägt würde
letzteres auch im Mittel eher normale bis (leicht) zu niedrige
Niederschlagsmengen für Mitteleuropa bedeuten. Bei möglichen
Blockierungen im Bereich Nordmeer/Skandinavien hingegen bestünde bei
nordöstlichen bis östlichen Strömungsverhältnissen und dem Zustrom
von überwiegend trockener Festlandsluft gerade für die Nordosthälfte
das Risiko längerer trockenerer Perioden.

Im Tagesthema vom 11.05.23 wurden bereits mögliche Ursachen dieser
persistenten Blockierungslagen (einschl. Spurensuche bei der
Frühjahrszirkulation) untersucht. Letztendlich sind aber
Langfristvorhersagen immer mit Vorsicht zu genießen, da diese
lediglich einen mittleren Zustand der atmosphärischen Bedingungen
beschreiben. Abweichungen davon, auch über einen längeren
Witterungsabschnitt sind daher durchaus möglich.


Dipl.-Met. Dr. Jens Bonewitz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 01.06.2023

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