Thema des Tages

07-06-2023 13:50


Wetter aktuell
Trockenheit ? Rückfall in alte Muster


Anders als Starkregen oder Stürme kommt die Trockenheit langsam
daher. Nach knapp drei Wochen ohne verbreitete Niederschläge und
zunehmend sommerlichen Temperaturen werfen wir einen Blick auf die
aktuelle Situation diesbezüglich.

März und April waren noch vergleichsweise nass, der März der
elftnasseste seit Messbeginn 1881, der April der nasseste seit 2008.
Doch der Mai zeigte dann einen neuen, oder besser gesagt gut
bekannten Charakter. Die Niederschläge wurden spärlicher oder blieben
wie im Nordosten von Deutschland fast gänzlich aus. Dort fielen
gebietsweise weniger als 5 mm Regen. Verantwortlich für die
Trockenheit im Mai waren sich immer wieder regenerierende
Hochdruckgebiete über Nordwest-, Nord- und Osteuropa. Diese
blockierten die typische Westströmung über Mitteleuropa und führten
vor allem in den Nordosten des Landes trockene Luftmassen. Diese
großräumige Wetterlage setzte sich auch im Juni weiter fort, sodass
verbreitet nennenswerte Niederschläge in Deutschland bisher
ausblieben. Abbildung 1 zeigt, dass in den vergangenen drei Wochen
meist weniger als 10 mm Niederschlag fielen. Die Niederschläge im
Norden kamen hauptsächlich durch Schauer und Gewitter am 22. Mai
zustande. Zum Vergleich: an einem sonnigen Sommertag können mehr als
5 mm verdunsten.


Folgen der trockenen Witterung
Trotz des zunächst nassen Frühlings haben die vergangenen,
vergleichsweise trockenen Wochen bereits ihren Fingerabdruck
hinterlassen. Beispielsweise erreicht die Waldbrandgefahr diese Woche
im Nordosten die höchste Stufe 5 (sehr hoch) und liegt am kommenden
Wochenende verbreitet bei Stufe 3 und 4 (mittel bis hoch), siehe
Abbildung 2.


Weniger dramatisch zeigt sich der ?Dürremonitor? vom
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung, siehe Abbildung 3. Für den
Oberboden bis 25 Zentimeter Tiefe zeigen sich erste Anzeichen einer
ungewöhnlich trockenen Situation für Teile des Nordostens, Ostens und
der Mitte Deutschlands. Im Vergleich zu den Vorjahren ist die
Situation allerdings deutlich entspannter. Dies kann sich jedoch
schnell ändern. Vor drei Wochen beispielsweise war die Karte noch
fast vollständig ?weiß?, es lag also verbreitet keine ungewöhnliche
Situation vor. Einen Blick in die Vergangenheit erlaubt der
?Dürremonitor Oberboden?. Dieser zeigt vor allem in der Nordhälfte
für die Schicht bis 1,8 Meter Tiefe verbreitet eine Dürresituation,
also im Vergleich zum langjährigen Mittel für diese Jahreszeit
deutlich zu trockene Böden. Dies resultiert aus den trockenen
Vorjahren. Anders als in vielen anderen Landesteilen hat sich im
Nordosten die Trockenheit nicht durch Winter- oder Frühjahrsregen
entspannt.


Eine weitere Folge der geringen Niederschläge sind fallende
Pegelstände an den großen Flüssen in Deutschland. Die Messwerte der
Pegel am Rhein liegen beispielsweise mittlerweile verbreitet und dem
für die Jahreszeit üblichen Wasserstand und sollen in den kommenden
Tagen weiter sinken. Nicht nur Niederschlag spielt für den
Wasserstand des Rheins eine Rolle, sondern auch das Schmelzwasser aus
den Alpen speist ihn. In Trockenphasen kann der Anteil im Sommer 20
Prozent der Abflussmenge betragen. Die Schneemenge in den Schweizer
Alpen ist derzeit leicht unterdurchschnittlich. Auswirkungen auf die
Ladekapazität im Rhein verkehrender Schiffe werden somit wieder
wahrscheinlicher.

Aussichten
Nach der Betrachtung des Ist-Zustandes stellt sich die Frage nach der
Zukunft. Soviel vorweg: Der Autor des heutigen Thema des Tages hätte
sich einem anderen Themenfeld zugewandt, wenn morgen ?der große
Regen? käme. Doch danach sieht es nicht aus. Ganz im Gegenteil: die
Modelle zeigen für die Mittelfrist, also etwa für die kommenden zehn
Tage, eine Fortsetzung der Wetterlage der vergangenen Wochen.
Mehrheitlich wird hoher Luftdruck über dem Norden Europas simuliert.
Vor allem in der Nordhälfte Deutschlands sind somit in den kommenden
zehn Tagen kaum Niederschläge zu erwarten. In den Süden können zwar
immer wieder feuchtere Luftmassen einfließen und in der Folge zu
Schauern und Gewittern führen, doch diese bringen meist nur lokal
nennenswerten Regen und davon in kurzer Zeit gerne dann auch gleich
zu viel. Eine Verschärfung bzw. Ausweitung der Trockenheit ist
deswegen zu erwarten.


M.Sc. Thore Hansen
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 07.06.2023

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