Thema des Tages

15-06-2023 11:50


Wissenschaft kompakt
Die Temperatur des Regens


In den kommenden Tagen stehen gebietsweise Schauer und Gewitter an,
die lokal Starkregen bringen können. Manch einer kommt dabei bestimmt
auf die Idee, sich darin abzukühlen oder zu duschen (bitte nicht bei
Gewittern in der Nähe). Aber welche Temperatur hat das "Duschwasser"
eigentlich?


Das tagelang in vielen Regionen vorherrschende trockene Wetter wird
bis zum Wochenende durch ein vor allem in höheren
Atmosphärenschichten ausgeprägtes Tief zum Teil beendet. Dieses
Höhentief sorgt für Schauer und Gewitter insbesondere in der
Osthälfte und bringt stellenweise viel Nass von oben. Der Westen
bekommt es durch zunehmenden Tiefdruckeinfluss in der kommenden Woche
ebenfalls mit Regengüssen zu tun. Bei starken Wasserschwällen von
oben könnte man auf die Idee kommen, Wasser zu sparen und angesichts
der Wärme (oder Hitze) draußen zu duschen oder sich einfach nur durch
die Regentropfen abzukühlen. Stellt sich die Frage, welche Temperatur
das herunterfallende Wasser hat?

Dafür betrachten wir zunächst die Wolken, aus denen die Regentropfen
zur Erde fallen. Pro 100 m nimmt die Temperatur mit der Höhe um etwa
0,65 Grad ab, womit es in den Wolken kälter ist als am Boden. Fallen
die Regentropfen nun kalt zur Erde, nehmen sie aufgrund ihrer
geringen Größe (und im geringen Maße auch durch die Form,
Fallgeschwindigkeit, etc.) aber rasch die Temperatur der
Umgebungsluft an.
Auf dem Weg zum Boden kommt es jedoch auch zur Verdunstung eines
kleinen Teils des Regentropfens, da die Umgebungsluft ja meist
trockener ist als der Regentropfen. Die Verdunstung entzieht dem
Tropfen Wärme, sodass die Temperatur letztlich doch unter der
Umgebungstemperatur liegen wird. Der Effekt ist umso größer, je
trockener die Umgebungsluft ist, weil dann mehr verdunsten kann. In
sehr trockener Umgebung kann sogar der komplette Regen noch in der
Luft verdunsten und kommt dadurch gar nicht erst am Boden an.
Den Effekt der Verdunstungsabkühlung kann man übrigens spüren, wenn
man aus einem Schwimmbecken oder Badesee kommt und der Wind (falls
vorhanden) das Wasser auf der Haut verdunsten lässt. Das fühlt sich
dann kalt an.
Schätzungen zufolge liegt die Temperatur des Regens in einem
Sommergewitter anfangs durchaus bei 18 bis 19 Grad, ansonsten ist der
Regen in dieser Jahreszeit um einiges kälter. In den
Zwischenjahreszeiten werden wohl kaum 10 Grad erreicht.
Im Winter können die Regentropfen sogar eine Temperatur von unter 0
Grad haben, wenn sie beim Herunterfallen durch Schichten mit
Temperaturen unter dem Gefrierpunkt fallen und keine Gefrierkerne
vorhanden sind. Die unterkühlten Wassertropfen gefrieren dann
allerdings schlagartig am Boden oder an Gegenständen, weil diese wie
Gefrierkerne (Kontaktgefrieren) wirken. Aber wer duscht schon im
Winter draußen, wenn selbst der Sommerregen nur was für Hartgesottene
ist?

Dipl.-Met. Simon Trippler
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 15.06.2023

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