Thema des Tages

04-11-2016 14:40

Die Arktische Oszillation "verpartnert" mit dem Polarwirbel

Die sogenannte "Arktische Oszillation (AO)" beschreibt die
Veränderungen der Luftdruckgegensätze in Bodennähe zwischen den
arktischen und mittleren Breiten auf der Nordhalbkugel. Dabei wird
die AO durch drei Aktionszentren charakterisiert, die im Bereich der
Biskaya, bei Island sowie über den Aleuten (westlich von Alaska) zu
finden sind. Je nachdem ob an den Aktionszentren hoher oder tiefer
Luftdruck vorherrscht, kann die arktische Oszillation, analog zur
Nordatlantischen Oszillation, in eine positive und eine negative
Phase eingeteilt werden. Als Maß für diese Oszillation dient dabei
der dimensionslose AO-Index. Mit dessen Hilfe kann die Stärke des
Grundmusters der AO bestimmt werden, wobei einer positiver Index für
eine positive AO-Phase und ein negativer Index für eine negative
Phase steht.

Der Partner zur Arktischen Oszillation ist der Polarwirbel. Bei dem
sogenannten "Polarwirbel" handelt es sich um ein großräumiges und
hochreichendes Tiefdruckgebiet bis in die Stratosphäre hinein, das
sich sowohl über der Nord- als auch über der Südpolargegend
insbesondere in den Wintermonaten ausbildet. Verantwortlich für die
Entstehung bzw. Verstärkung der Polarwirbel sind markante
Kaltluftzonen, die aufgrund der negativen Strahlungsbilanz in den
Polargebieten entstehen. In den sehr langen Polarnächten kann die
Luft stark auskühlen. In Bodennähe bildet sich nachfolgend oft ein
flaches Kältehoch, das schließlich von dem hochreichenden Tief
überlagert wird. Da im Tief die Luft zusammenströmt kann sich mit
Hilfe der Corioliskraft (Rechtsablenkung der bewegten Luftteilchen
auf der Nordhalbkugel aufgrund der Erdrotation) schließlich eine
ostwärtige zirkumpolare Strömung entwickeln. durch die ungleichmäßige
Verteilung von wärmeren Wasserflächen und kälteren Landmassen besitzt
der nördliche Polarwirbel oft zwei Zentren - eines über
Nordostsibirien und eines über Nordostkanada.

Allgemein besteht eine starke Kopplung zwischen der Arktischen
Oszillation in der unteren Troposphäre und der Stärke des
Polarwirbels in der Stratosphäre bzw. höheren Troposphäre. Somit
bietet die AO auch eine gute Möglichkeit den Einfluss der
Stratosphäre auf signifikante Wettererscheinungen der unteren
Troposphäre zu untersuchen.

Eine positive AO-Phase ist durch eine Verstärkung des Polarwirbels
vom Boden bis zur unteren Stratosphäre gekennzeichnet, die ein
Anstauen von kalter Luft in der Arktis bewirkt. Während wiederholt
kräftige nordatlantische Sturmtiefs Regen und milde Temperaturen über
Mittel- und Nordeuropa hinweg bis nach Sibirien transportieren,
überwiegt in der mediterranen Region Trockenheit vor.

Die negative AO-Phase ist dagegen durch kalte kontinentale Luft über
den mittleren Westen der USA bis in den Nordosten Kanadas, sowie
durch Stürme und Regen in den mediterranen Regionen des westlichen
Europas charakterisiert. Verantwortlich für diese Wettererscheinungen
sind oftmals sogenannte "blockierende Wetterlagen" mit kräftigen
Hochdruckgebieten in den mittleren Breiten. Dadurch kommt es zu
meridionalen, also von Nord nach Süd bzw. Süd nach Nord gerichteten
Strömungen. Während auf der Westflanke der Hochdruckgebiete warme
Subtropikluft bis weit nach Norden Richtung Pol transportiert wird,
kann auf der Ostflanke kalte Polarluft weit nach Süden gelangen.

Zum Monatswechsel Oktober/November waren die arktische Zirkulation
sowie auch der Polarwirbel relativ schwach ausgeprägt. Dies belegt
beispielsweise auch der sogenannte "AO-Index". Seit dem 11. Oktober
befindet sich der AO-Index im negativen Bereich und soll zum
Novemberbeginn ein Episodenminimum erreichen (vgl. Abbildung 1).

Entsprechend der negativen AO-Phase bildete sich zu Beginn des
Novembers über dem Atlantik ein ausgeprägtes Hochdruckgebiet aus, das
sich vom Nordmeer bis zu den Azoren erstreckt und damit die für die
die mittleren Breiten typischen Westwinde unterbindet. Gleichzeitig
verstärkt sich über Mitteleuropa tiefer Luftdruck. Dabei stellte sich
über Europa ein meridionales Strömungsmuster ein, wodurch polare
Luftmassen von Skandinavien südwärts geführt werden (vgl. Abbildung
2). Der derzeitige Kältepool über Zentral- und Ostasien wird jedoch
nicht angezapft, sodass ein massiver Wintereinbruch mit Dauerfrost
und Schnee bis ins Tiefland noch nicht zu erwarten ist.

Die enge Kopplung zwischen der Arktischen Oszillation in der unteren
Troposphäre und der Stärke des Polarwirbels lässt sich auch gut an
dem vertikalen Schnitt der Anomalien der Geopotentiellen Höhe zeigen
(vgl. Abbildung 1). Die negative AO-Phase seit Mitte Oktober geht
gleichzeitig mit einem schwachen Polarwirbel in der Troposphäre
einher, der dort sogar Strukturen eines "Splitting" aufweist (vgl.
Abbildung 2). In der Stratosphäre konnte zum Monatswechsel beim
Polarwirbel zwar ebenfalls eine Art Dipolstruktur beobachtet werden
(vgl. Abbildung 3 & 4), allerdings ist dort keine signifikante
Abschwächung des Wirbels zu erkennen. Für eine plötzlich starke
Erwärmung der Stratosphäre, also einem sogenannten "Sudden
Stratospheric Warming", das den Polarwirbel von der Stratosphäre her
ebenfalls nachhaltig stören bzw. sogar splitten könnte, gibt es
aktuell keine Hinweise. Dies belegen auch die derzeitigen
Temperaturverteilungen in der Stratosphäre über der Nordhemisphäre
(vgl. Abbildung 3 & 4).

Dipl.-Met. Lars Kirchhübel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 04.11.2016

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