Thema des Tages

15-09-2023 13:20


Wissenschaft Kompakt
Tropenstürme und ihre Namen


Die diesjährige Hurrikansaison zeigt sich derzeit sehr aktiv. Aktuell
wirbeln LEE und MARGOT auf dem Atlantik und NIGEL steht kurz vor
seinem Amtsantritt. Wie es zur Benennung der atlantischen
Tropenstürme kommt, lesen Sie im heutigen Thema des Tages.

Sie sind nicht mehr aus den Wetterkarten wegzudenken: Namen für Hoch-
und Tiefdruckgebiete. Die Idee dazu, Druckgebilde, die einen Einfluss
auf unser Wettergeschehen in Deutschland haben, zu benennen, hatte
1954 Karla Wege, damalige Studentin des Instituts für Meteorologie
der Freien Universität (FU) Berlin.

Vorreiter diesbezüglich waren allerdings die USA. Der US-Wetterdienst
begann bereits im Zweiten Weltkrieg damit, Taifune, also tropische
Wirbelstürme über dem Westpazifik, mit Vornamen zu versehen. Der
Grund hierfür war recht simpel: Man konnte dadurch deutlich leichter
den Überblick über das aktuelle Wettergeschehen behalten. Dies machte
sich vor allem dann bezahlt, wenn nicht nur ein, sondern gleich
mehrere Taifune unterwegs waren. Diese Vorgehensweise war so
erfolgreich, dass man sich entschied, in Zukunft auch Hurrikane
(tropische Wirbelstürme über dem Atlantik mit Mittelwinden über 118
km/h) zu benennen.

Nach einigen Weiterentwicklungen dieses Benennungsprozesses werden
seit 1979 alle tropischen Stürme über dem Nord- und Zentralatlantik
(Mittelwinde über 60 km/h) mit männlichen und weiblichen Vornamen
versehen. Im Gegensatz zu Deutschland, wo man bei der FU Berlin ein
Hoch oder Tief gegen Bezahlung taufen lassen kann, sind die Namen der
Tropenstürme durch die WMO (Weltorganisation für Meteorologie)
vorgegeben. Sie entwickelte sechs Namenslisten, wobei pro
Kalenderjahr eine Liste genutzt wird. 1979 startete man mit Liste 1,
1980 wurde Liste 2 genutzt und 1984 schließlich Liste 6. Darauf
wiederholte sich dieser Listendurchlauf, d.h. 1985 kam wieder Liste 1
zum Einsatz. In diesem Jahr wird auf Liste 3 zurückgegriffen.

Jede Liste beinhaltet dabei 21 Namen, beginnend mit allen Buchstaben
des Alphabets außer Q, U, X, Y und Z (mit diesen Anfangsbuchstaben
gibt es kaum Namen bei den "Amis"). Der erste Tropensturm dieses Jahr
hieß somit Arlene (aktiv vom 01. bis 03.06.) und der letzte dieser
Liste wäre Whitney. Aktuell wirbeln Lee und Margot auf dem Atlantik
und weiteres Tief ist auf dem besten Wege zum Tropensturm bzw.
Hurrikan Nigel heranzureifen. Ohne Nigel gab es in diesem Jahr damit
bisher 13 benannte Stürme, darunter 5 Hurrikane. Die Namensliste
hätte damit noch Platz für acht weitere Stürme. Da allerdings rund 95
% der Stürme im Mittel zwischen Mitte August und Ende Oktober
auftreten, ist es gar nicht mal sooo abwegig, dass die Liste nicht
ausreicht. Und dann?

Tja, den Fall, dass das "Alphabet" ausgeht, gab es tatsächlich erst
zwei Mal: 2005 und 2020. Während 2005 bereits unfassbare 28 benannte
Tropenstürme über den Nordatlantik fegten, waren es 2020 sogar noch
zwei mehr. In der Folge wurde ab Sturm 22 (also nach Ende der
eigentlichen Liste) das griechische Alphabet herangezogen. Alpha,
Beta und Gamma hießen damit die nächsten Stürme. 2021 entschied die
WMO, in Zukunft statt auf das griechische Alphabet auf eine
Ersatzliste zurückzugreifen, sollten nochmals die Namen ausgehen.
Hintergrund ist, dass sich zum einen die griechischen Buchstaben zum
Teil sehr ähnlich anhören, wodurch es zu Verwechslungen kommen kann,
und zum anderen besonders schadensträchtige Stürme aus der Liste
gestrichen und neu besetzt werden. 2020 wurden zum Beispiel Eta und
Iota aufgrund ihrer Heftigkeit gestrichen. Jetzt wird es bei einem
Alphabet natürlich schwierig, gestrichene Buchstaben zu ersetzen. Bei
einer eigenen Ersatzliste ist das dagegen kein Problem.

Eine Übersicht über die Namenslisten finden Sie beispielsweise auf
den Seiten des Nationalen Hurrikan Zentrums (https://bit.ly/33JbnmT).
Ist Ihr Name auch dabei? Der Autor muss noch ganze fünf Jahren
warten, bis er möglicherweise ein Thema des Tages über Hurrikan
Tobias verfassen kann und hofft, dass der Name nie gestrichen werden
muss...


Dipl. Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 15.09.2023

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