Thema des Tages

10-10-2023 14:50


Wetter aktuell
Von Flüssen und Fluten


Heute machen wir einen Ausflug nach Schottland. Auch wenn es dort
landschaftlich sehr schön ist, gibt es derzeit nicht unbedingt Grund
zur Freude: Am vergangenen Wochenende wurden Teile des Landes durch
heftige Regenfälle überflutet. Eine Ursachensuche.


Wenn das Wort "Schottland" fällt, denkt man ja oft schon an den
nächsten Urlaub, an Whisky (hier bitte ohne "e"!), die alten Gemäuer
Edinburghs und Dudelsackmusik. Auch darüber ließe sich eine Menge
schreiben, aber wir sind ja immer noch ein Wetterdienst und kein
Reiseblog. Kommen wir also zum Thema: Während das Wetter bei uns im
Süden bereits am vergangenen Wochenende noch immer recht sommerlich
anmutete - die Höchstwerte lagen unter anderem am Oberrhein bei
Werten um 25°C - hatten andere Teile Europas mit teils heftigen
Regenfällen zu kämpfen. In diesem Fall traf es vor allem das südliche
und zentrale Schottland inklusive der Highlands. Dort kam es unter
anderem auch in größeren Städten wie Glasgow zu Überflutungen.


Dafür verantwortlich war eine nahezu stationäre Warmfront mit
kräftigen und langanhaltenden Aufgleitniederschlägen. Die dafür
nötigen Zutaten lieferten zwei Hauptakteure. Nummer Eins: Ein
kräftiges Tief auf dem Atlantik, dessen Frontensystem bis nach
Schottland reichte. Nummer 2: Ein ebenso kräftiges Hochdruckgebiet
über Südwesteuropa. Beide zusammen sorgten für eine starke Strömung
um das Hochdruckgebiet herum Richtung Schottland, wo die Luftmassen
sich abregnen konnten. An dieser Stelle kommt noch ein dritter Faktor
ins Spiel: Die Feuchte. Kräftiger Dauerregen ist nur mit ausreichend
großer Zufuhr von Luftfeuchtigkeit möglich, und genau diese fand hier
statt. Das Atlantiktief war nämlich in der Lage, subtropische
Luftmassen über dem Meer anzuzapfen und bis in die mittleren Breiten
zu transportieren. Im Zusammenspiel mit dem südwesteuropäischen
Hochdruckblock griffen also die Zahnräder ineinander, sodass sehr
viel Luftfeuchtigkeit aus südlichen Breiten bis nach Schottland und
darüber hinaus gelangen konnte.



Solche Transport- oder Förderbänder von viel Luftfeuchtigkeit über
hohe räumliche Distanzen kommen hin und wieder vor. Sie sorgen beim
Auftreffen auf Land oft für heftige Niederschläge und Überflutungen.
Ein klassisches Beispiel dafür sind derartige Wetterlagen, die
oftmals zu Überschwemmungen in Kalifornien führen. Aufgrund der
großen räumlichen Ausdehnung und der Menge an transportiertem
Wasserdampf heißen diese atmosphärischen Förderbänder im englischen
"Atmospheric River", also "Atmosphärischer Fluss", wobei sich der
Fluss hier tatsächlich auf das Fließgewässer bezieht (es gibt auch
noch den "Fluss" als physikalischen Prozess, dieser heißt im
englischen allerdings "flux").


Geregnet hat es am Ende eine Menge. Teilweise kamen Monatssummen
innerhalb eines Tages zusammen. Bereits am vergangenen Freitag kamen
schon verbreitet um 30 mm Niederschlag zusammen. Auf die dadurch
bereits gesättigten Böden fiel dann am Folgetag nochmals die doppelte
Menge. Die uns zur Verfügung stehenden Messwerte zeigen 24-stündige
Summen von bis zu 65 mm. Allerdings ist aufgrund der Beschaffenheit
der schottischen Gebirgslandschaft davon auszugehen, dass an einigen
Stellen noch deutlich mehr gefallen ist, auch wenn aufgrund der dafür
verantwortlichen Aufgleitvorgänge die Orografie nur eine
untergeordnete Rolle gespielt haben dürfte.


Gehört hat man von diesem Ereignis hierzulande zwar nicht allzu viel,
aber der ein oder andere Zeitungsartikel lässt sich durchaus finden.
Zum Beispiel berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung via
Agenturmeldung über das Hochwasser (https://www.faz.net/-gup-bg45e).



M.Sc. Felix Dietzsch
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 10.10.2023

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