Thema des Tages

26-10-2023 14:20


Wissenschaft kompakt
Sonnenfinsternisse und ihre Auswirkungen auf das Wetter

Am 14. Oktober war es wieder soweit: In Teilen Amerikas gab es eine
ringförmige Sonnenfinsternis, von der unzählige beeindruckende Bilder
um die Welt gingen. Dieses wunderschöne Naturschauspiel wirkte sich
teilweise auf das lokale Wetter aus. Davon wird im heutigen Thema des
Tages berichtet.

Am 14. Oktober 2023 konnte in Nord-, Mittel- und Südamerika eine
ringförmige Sonnenfinsternis beobachtet werden. So eindrucksvoll
solche Ereignisse sind, so ist auch der Einfluss einer
Sonnenfinsternis auf die meteorologischen Prozesse in der Troposphäre
hochinteressant. Nicht nur die Temperaturabnahme während der Zeit des
Kernschattens lässt sich mittlerweile mit hochauflösenden
Wettermodellen simulieren und im Nachhinein auch messen, auch die
daraus resultierende vorübergehende Auflösung von Cumuluswolken oder
Abschwächung von Gewittern lässt sich eindrucksvoll in
Satellitenbildern erkennen. So auch geschehen bei der diesjährigen
Sonnenfinsternis in Yucatán, Mexiko.

Dass eine Sonnenfinsternis einige meteorologische Parameter
wenigstens kurzzeitig beeinflussen kann, ist schon lange Gegenstand
von Untersuchungen. Mittlerweile wurden bereits mehr als 44 partielle
und totale Sonnenfinsternisse untersucht. Dabei wurden Daten oder
detaillierte Beschreibungen der Ereignisse herangezogen, die
mindestens bis ins Jahr 1834 zurückreichen. Es ergaben sich zum Teil
beeindruckende Messergebnisse beziehungsweise wurden die historischen
Beschreibungen in Studien mit hochaufgelösten Modellen bestätigt.

Das Offensichtlichste bei einer Sonnenfinsternis ist die sich
abschwächende beziehungsweise temporär vollständig unterbundene
Sonneneinstrahlung in Richtung Erdoberfläche, wobei dadurch die
Erwärmung beeinträchtigt oder gar unterdrückt wird.
Verständlicherweise gibt es dabei Unterschiede zwischen einer
totalen, ringförmigen oder partiellen Sonnenfinsternis.

Die Abkühlungsrate durch eine Sonnenfinsternis ist besonders im
Sommer markant, wenn die Sonne ihren Höchststand erreicht sowie zur
Mittagszeit. Aber auch an einem schönen Frühlingsmorgen mit viel
Einstrahlung können die Unterschiede bedeutend ausfallen, da die
Sonne zu der Zeit bereits viel Kraft zum Heizen besitzt. Wie markant
dann ein Temperaturrückgang ausfallen kann, zeigte sich am 21. Juni
2001 in Simbabwe, wo eine Sonnenfinsternis zur Mittagszeit einen
gemessenen Temperaturrückgang von rund 5 Kelvin zur Folge hatte. Die
bisherigen Spitzenwerte erreichten nebenbei bemerkt rund 7 Kelvin; in
der Luftschicht direkt über dem Boden sogar rund 10 Kelvin.
Allerdings müssen für einen solchen Temperaturrückgang auch alle
Bedingungen passen, also dass etwa keinerlei Wolken vorhanden sind.
Die real gemessenen Werte wurden im Nachhinein durch
Modellsimulationen bestätigt.

Verständlich, dass diese Temperaturunterschiede nicht selten auch
Einfluss auf die Stabilität der Grenzschicht haben. Dazu wurden unter
anderem von Vogel et al. Modellsimulationen zur Sonnenfinsternis vom
11. August 1999 in Südwestdeutschland durchgeführt, wobei in diesem
Fall wolkenfreie Bedingungen angenommen wurden (was real leider nicht
der Fall war). Es wurde in der Simulation nicht nur eine markante
Abkühlung beobachtet, sondern auch eine deutliche Stabilisierung der
Grenzschicht. Die Grenzschicht ist die Region, woher der Aufwind für
die sommerlichen Haufenwolken all seine Energie in Form von warmer
und feuchter Luft bezieht. Je wärmer und feuchter diese Luftmasse
ist, desto leichter kann sie in Form einer sogenannten "Thermikblase"
oder eines "Thermikschlauchs" aufsteigen, gegebenenfalls kondensieren
und die Haufenwolke bilden. Kühlt sich die Luftmasse dabei ab, können
sich besonders schwache und junge Aufwindschläuche stark abschwächen
oder gar zusammenbrechen.

So geschehen auch bei der kürzlich aufgetretenen ringförmigen
Sonnenfinsternis in Yucatán, Mexiko. In der ersten Abbildung vom 14.
Oktober 2023, 18:00 UTC ist die Konvektion, die sich zur Mittagszeit
in Yucatán gebildet hatte, erkennbar. Besonders im Norden (rote
Ellipse) hatten sich bereits recht gut organisierte
Konvektionsstraßen entwickelt, die sich durch hochreichende
Quellbewölkung und starkes Absinken dazwischen auszeichneten. Weiter
südöstlich im Binnenland (orange Ellipse) war die Konvektion hingegen
deutlich schwächer ausgeprägt.

Direkt nach der ringförmigen Sonnenfinsternis ist deutlich zu
erkennen, welche Thermikblase überlebt hatte und welche nicht. Nur
die Konvektion entlang der gut organisierten Wolkenstraßen im Norden
konnte die temporäre Abkühlung überstehen, während sonst über Land
teilweise wolkenarme Bedingungen vorherrschten. An diesem Beispiel
lassen sich auch die Unterschiede zwischen Land und Meer
eindrucksvoll verstehen: Während die fehlende Sonneneinstrahlung über
Land für eine rasche Abkühlung sorgte, hielt sich die Konvektion über
dem Meer (grüne Ellipse) deutlich besser, da dort das warme
Meereswasser weiterhin für einen ausreichenden Energieeintrag sorgte.


Auf der Plattform X wurden zahlreiche Bilder der ringförmigen
Sonnenfinsternis vom 14. Oktober 2023 veröffentlicht. Unter anderem
ließ sich dort auch das nachfolgende Komposit von Alexander Spahn
(@spahn711) mit dem Shiprock (New Mexiko, USA) im Vordergrund finden.


Haben Sie auch Lust auf eine Sonnenfinsternis bekommen? Lange müssen
Sie auf eine totale Sonnenfinsternis nicht mehr warten. Die nächste
wird am 8. April 2024 in Teilen Nordamerikas zu sehen sein. Lassen
Sie sich diese nicht entgehen, denn auf eine totale Sonnenfinsternis
in Deutschland zu warten, macht für Viele von uns keinen Sinn. Erst
am 3. September 2081 wird die Bodenseeregion von der nächsten
Sonnenfinsternis erfasst; Norddeutschland kann sich am 7. Oktober
2135 auf eine solche freuen.

Eine andere Finsternis steht in Deutschland aber schon an diesem
Wochenende an. Samstagabend von halb zehn bis kurz vor elf (Beginn:
21:35 Uhr - Maximum: 22:14 Uhr - Ende 22:52 Uhr, Zeiten in MESZ)
verdunkelt die Erde den Mond. Die größten Chancen, diese partielle
Mondfinsternis zu sehen, bestehen voraussichtlich vom Emsland über
die Region rund um den Harz bis in die Lausitz. Auch südlich der
Donau sind die Aussichten gut.

Noch ein Hinweis nebenbei: Wussten Sie, dass eine Finsternis nie
allein auftritt? In etwa zwei Wochen vor oder nach einer
Sonnenfinsternis findet IMMER eine Mondfinsternis statt.


Dipl.-Met. Julia Tuschy
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 26.10.2023

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