Thema des Tages

04-11-2023 13:20


Wetter aktuell
Nach dem Sturm ist vor dem Sturm!


Eine ausgeprägte sturmanfällige Westwetterlage beschäftigt uns nun
schon seit einigen Tagen. Doch woran liegt das und wie lange hält
diese Witterung noch an? Mehr dazu in unserem heutigen Thema des
Tages.


Erst Orkantief EMIR (int: CIARAN) und nun Orkantief FRED. In Teilen
von West- und Mitteleuropa ist momentan einiges los. Während am
Donnerstag EMIR vor allem in Frankreich und Benelux teils für extreme
Orkanböen über 150 Kilometer pro Stunde sorgte, rauscht am heutigen
Samstag schon das nächste markante Tief heran.

Verantwortlich hierfür ist ein starker Polarfront-Jetstream über
Westeuropa, welcher warme Luftmassen über den Subtropen von kalter
Luft über den polaren Breiten trennt. Dieses Starkwindband befindet
sich in einer Höhe von etwa 9 bis 10 Kilometern und ist vor allem im
Spätherbst und im Winter besonders stark ausgeprägt. Zu dieser
Jahreszeit sind Temperaturunterschiede zwischen den Polargebieten und
den Subtropen besonders markant ausgeprägt, da durch die sehr kurzen
Tage in den polaren Breiten sich dort eine großes Kältereservoir
ausbildet, während die Subtropen auch im Winterhalbjahr noch relativ
warme Luftmassen haben.

Aktuell befindet sich ein Jetstreak (Windgeschwindigkeitsmaximum
innerhalb des Polarfront-Jetstream) über Südfrankreich mit
Windgeschwindigkeiten von bis zu 300 km/h (siehe Abbildung 1). Im
Bereich von diesem Windband kommt es zu hohen horizontalen und
vertikalen Geschwindigkeitsscherungen. Diese haben großen Einfluss
auf Tiefdruckgebiete und können diese in einigen Fällen deutlich
intensivieren. Momentan befindet sich Orkantief FRED über der
Bretagne. Im Laufe des Wochenendes verlagert er sich in Richtung
Mitteleuropa. Dabei kann sich FRED allerdings nicht mehr verstärken.
Er füllt sich langsam auf und ist in der Vorhersage zu Wochenbeginn
nur noch als schwaches Tief über Südskandinavien erkennbar. Grund
dafür ist seine für die weitere Intensivierung ungünstige Position
relativ zum Polarfront-Jetstream.

Viele rasch entwickelnde Sturm- und Orkantiefs kreuzen den Jetstream.
Ein Beispiel hierfür ist Orkantief Kyrill aus dem Jahre 2007, welches
sich von der rechten Seite im Eingangsbereich des Starkwindbands auf
die linke Seite des Ausgangbereiches verlagerte. Dabei kam es zu
einer raschen Intensivierung, da in diesen Bereichen in der Höhe die
Winde jeweils auseinanderströmen, wodurch es am Boden zu Druckfall
kommt. KYRILL sorgte daraufhin in weiten Teilen Deutschlands bis ins
Flachland für schweren Sturm, teils waren sogar auch in den
Niederungen Orkanböen über 120 Kilometer pro Stunde dabei.

FRED kreuzte dagegen den Jetstream nicht und erreichte bereits vor
Frankreich seinen Höhepunkt der Entwicklung. Die Zündung für seine
starke Entwicklung über dem Atlantik war ein markanter nach Süden
gerichteter Polarluftvorstoß im Bereich zwischen Grönland und
Neufundland. Nun befindet sich der Sturm aber nördlich der
Frontalzone. Dabei fehlt ihm der synoptische Antrieb. Deshalb wird
sich FRED wie auch sein Vorgänger EMIR auf dem Weg in Richtung
Mitteleuropa in den nächsten Tagen abschwächen.

Trotzdem werden am morgigen Sonntag in Süddeutschland Sturmböen bis
in die Niederungen erwartet. Auf den Bergen des Schwarzwaldes und der
Alpen weht der Wind teils sogar in Orkanstärke. Nähere Infos dazu
gibt es auf unserer Warnseite oder in unserer Warn Wetter App.


M.Sc. Meteorologe Nico Bauer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 04.11.2023

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