Thema des Tages

29-11-2023 14:50


Wetter aktuell
Von neuem Schnee, gefrierendem Regen und Modellchaos


Dem Süden stehen neue, kräftige Niederschläge bevor. Große
Unterschiede in den Wettermodellen erschweren die Vorhersage der
Niederschlagsphase allerdings. Regen oder Schnee? Wir versuchen etwas
Ordnung in das Modellchaos zu bringen.


In den kommenden Tagen bauen sich zwischen Nord- und Südeuropa
größere Temperaturgegensätze auf. Subtropische Warmluft wird vom
Atlantik Richtung Mittelmeerraum geführt, während weite Teile Nord-
und Mitteleuropas von polarer Kaltluft geflutet werden (siehe
Abbildung 1). Entlang dieser vorübergehend quasi ortsfesten
Frontalzone, also des Bereichs mit den größten Temperaturgegensätzen,
kommt es zu kräftigeren und länger anhaltenden Niederschlägen, die
auf der warmen Seite als Regen, auf der kalten als Schnee fallen.
Kleinste Verschiebungen der Frontalzone entscheiden vor Ort über
Schneegestöber oder Regenfälle, weswegen es natürlich wünschenswert
wäre, wenn die verschiedenen Wettermodelle ein einigermaßen klares
Bild über die voraussichtliche Position der Luftmassengrenze liefern
würden.

Doch ausgerechnet bei diesen Grenzwetterlagen beginnt auch bei den
Wettermodellen das große Flattern. Nicht selten liefert in solchen
Situationen jedes Modell sein eigenes Szenario, selbst noch wenige
Tage oder Stunden vor dem Ereignis. Welches von diesen vielen, mehr
oder weniger stark abweichenden Szenarien sich am Ende bewahrheitet,
lässt sich im Vorfeld nicht sagen. Dem Forecaster bleibt nichts
anderes übrig, als das für ihn wahrscheinlichste Szenario zu
beschreiben und die Unsicherheiten zu kommunizieren - und genau das
soll nun geschehen.

In Abbildung 2 soll die von den 4 Wettermodellen ICON13, EZMW, GFS
und UK10 vorhergesagte Lage der Frontalzone am Donnerstagabend (22
Uhr) verdeutlich werden, dem Zeitpunkt der vermutlich nördlichsten
Position. Dargestellt ist die Temperatur auf der 850-hPa-Druckfläche,
also in etwa 1500 Metern Höhe. Was direkt auffällt, ist, dass sich
die dichteste Drängung der Isothermen (die Linien gleicher
Temperatur) und damit die Luftmassengrenze in allen Modellen irgendwo
über Süddeutschland befindet. Soweit so gut - das Problem ist aber
das "Irgendwo". Die 0-Grad-Isotherme, die in erster Näherung den
Übergang von Schnee zu Regen markiert, variiert von Modell zu Modell
um 100 Kilometer. Die nördlichste Variante liefert das EZMW (Höhe
Stuttgart), die südlichste das DWD-Modell ICON13 (Höhe München).

Demnach ist lediglich sicher, dass ab Donnerstagfrüh, im Zuge der
hereindriftenden Luftmassengrenze, vor allem im Süden mit kräftigeren
Niederschlägen zu rechnen ist. Wie weit sie nach Norden ausgreifen
und wo sich der Übergang von Schnee zu Regen vollzieht, ist aber noch
hochgradig unsicher. Wenn man kein Modell bevorzugen möchte, dann
nimmt man für das vermeintlich wahrscheinlichste Szenario die
mittlere Lage der Luftmassengrenze. Demnach läge sie (wahrscheinlich)
auf der Höhe Augsburg, wie von GFS und ICON-D2 berechnet. Die
Situation am Donnerstagabend bzw. in der Nacht zum Freitag sähe
folglich in etwa so aus wie in Abbildung 3. Also nördlich der Höhe
Augsburg Schneefall mit durchaus nennenswerten Neuschneemengen,
südlich erst Schnee, dann Regen und beim Übergang eventuell
vorübergehend gefrierender Regen mit Glatteisbildung.

Diese Niederschläge beschäftigen uns voraussichtlich bis in den
Samstag hinein, wobei sie mit Rückzug der Luftmassengrenze auch ganz
im Süden wieder zunehmend in Schnee übergehen und dem Alpenrand wohl
eine größere Schneepackung bescheren.



Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 29.11.2023

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