Thema des Tages

17-12-2023 13:20


Wissenschaft kompakt
Phänomenal

Auf unserer Wetterkarte mit dem aktuellen Wetter sind heute gleich
zwei Phänomene zu finden, die zwar nicht selten, aber auch nicht
alltäglich sind. Raten Sie mit?

Beim ersten Blick auf die aktuelle Wetterkarte sieht man viele Wolken
im Norden und viel Sonne im Süden. Diese Wetterzweiteilung kommt bei
unserem recht langgestreckten Land häufiger vor. Und meistens ist
auch der Süden auf der "schönen" Seite. Wobei Schönheit klar im Auge
des Betrachters liegt. Aber es verbergen sich heute noch zwei weitere
Phänomene darin, die man bei kurzem Hinschauen glatt übersehen kann.
Beide Phänomene stehen miteinander in Verbindung. Finden Sie sie?

Phänomen Nummer eins ist nicht auf den ersten Blick zu erkennen. Man
muss Ortskenntnis besitzen.

Im Zoom lässt sich aber vielleicht erkennen, dass es auf den Bergen
wärmer ist als in den Niederungen. Normalerweise nimmt die Temperatur
mit der Höhe kontinuierlich ab. Dank des Hochdruckeinflusses aber
wird die Luft auf den Boden gepresst und es findet kein vertikaler
Austausch statt. Beim Absinken der Luftmassen im Hoch (daher auch
Absinkinversion) wird die Luft zusammengedrückt und erwärmt sich
adiabatisch, also ohne Wärmeaustausch mit der Umgebung. Je tiefer die
Luft sinkt, umso wärmer wird sie. Da sie trocken ist, nennt man die
Erwärmung "trockenadiabatisch".

Am Boden liegt nun noch die feuchte und kühle Luft der letzten
Tiefdruckgebiete. Zwischen dieser und der trockenadiabatisch
erwärmten Hochdruckluft bildete sich eine Sperrschicht, sie wird
"Inversion" genannt. Zu erkennen ist das auch im Vertikalprofil der
Temperatur am Beispiel Stuttgart von heute Vormittag. Die Temperatur
steigt mit der Höhe, bis sie schließlich oberhalb der Absinkinversion
wieder abnimmt.

Die Sperrschicht kann aufgrund des anhaltenden Hochdrucks und der
stabilen Wetterlage nicht durchbrochen werden. Infolgedessen erwärmen
sich die Luftschichten unterschiedlich stark. Dabei bleibt am Boden
die kühlere und feuchtere Luft liegen, während sich in der Höhe
trockene und warme Luft durchsetzt. Da auch am morgigen Montag keine
Wetterumstellung in Sicht ist, kann sich die Inversion sogar noch
verstärken.

Phänomen Nummer zwei ist gut zu erkennen und befindet sich im Norden,
östlich einiger Mittelgebirge - Leewellen.

Leewellen bilden sich, wie der Name schon sagt, im Lee von
Hindernissen. Das Lee ist die windabgewandte Seite eines
Hindernisses, hier der Mittelgebirge. Sie entstehen, wenn Luft in
einer stabilen Schichtung ein Hindernis überströmen muss. Dass die
Luft gerade stabil ist, haben wir bereits oben am Phänomen der
Inversion gesehen.

Bei der Bildung von Leewellen wird ein Luftpaket bereits im Luv (der
windzugewandten Seite) nach oben abgelenkt und gelangt dort in eine
Schicht, die vergleichsweise wärmer ist als das Luftpaket selbst. Nun
ist kalte Luft aber schwerer als wärmere und sinkt demzufolge wieder
ab. Dabei sinkt das Paket in kältere Luft und stiegt wieder auf und
der oben beschriebene Vorgang wiederholt sich. Durch die schwingende
Bewegung um einen Ausgangszustand herum entsteht ein Wellenmuster,
das wir auf dem Satellitenbild wiederfinden. Weil die Schwerkraft bei
diesen Wellen die dominante Kraft ist, werden Leewellen den
Schwerewellen zugeordnet.


Dipl. Met. Jacqueline Kernn
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 17.12.2023

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