Thema des Tages

19-12-2023 15:20


Wetter aktuell
Weiße Weihnachten?

Die Wettervorhersage für die Weihnachtsfeiertage blieb lange Zeit
unsicher. Ob sich ein kurzzeitiger Kaltlufteinbruch mit
Schneeoptionen durchsetzt oder eine milde Westwetterlage vorherrscht,
war bis gestern unklar. Die aktuellen Modelle zeigen nun einen recht
eindeutigen Trend, der es uns ermöglicht, eine erste Prognose zu
wagen.

Für die meisten Menschen gehört Schnee zu Weihnachten wie die Kerzen
auf den Adventskranz. Tatsächlich sind weiße Weihnachten ein recht
seltenes Ereignis. Das letzte Mal, dass ganz Deutschland an
Weihnachten unter einer geschlossenen Schneedecke lag, war 2010. Seit
1960 gab es dies nur viermal. Im Tiefland sind lediglich 10 % aller
Weihnachten weiß, im Nordosten immerhin bis zu 20 %. Die Situation
sieht nur in den Mittelgebirgen deutlich besser aus. Grund für die
meistens milde Witterung ist das sogenannte "Weihnachtstauwetter",
eine Witterungssingularität, die uns zu Weihnachten häufig eine milde
Westwetterlage beschert. Wie es derzeit aussieht, erwartet uns auch
dieses Jahr eine solche Westwetterlage. Bis gestern war jedoch
unsicher, ob nicht doch ein kurzzeitiger Kaltlufteinbruch auf der
Rückseite eigener Tiefdruckgebiete für Schneechancen sorgen könnte.
Doch dazu später mehr.
Aktuell ist die Schneelage alles andere als üppig. Im Thüringer Wald
und im Erzgebirge liegen in Höhenlagen oberhalb von etwa 700 m noch
10 - 15 cm Schnee. Im Bayerischen Wald ist es noch etwas mehr. Der
Brocken meldet 17 cm. Auch in den Alpentälern sind es etwa 10 - 15
cm. Größere Schneemengen gibt es erst oberhalb von 1000 m,
beispielsweise auf dem Fichtelberg mit 49 cm, dem Großen Arber mit 92
cm und dem Feldberg mit 71 cm. Diese Schneemengen sollten auch ein
potenziell größeres Tauwetter überstehen, sodass oberhalb von 1000 m
Schnee zu Weihnachten sicher ist.
Doch wie sieht es in den anderen Gebieten aus? Die aktuelle
Großwetterlage ist eher ungünstig. Die Westwetterlage hat uns fest im
Griff. Tiefdruckgebiete ziehen in rascher Abfolge auf einer
Ost-West-Zugbahn von Island nach Südskandinavien ins Baltikum. Deren
Fronten beeinflussen Mitteleuropa, was für stürmisches und
regnerisches Wetter sorgt. Dabei wird meist sehr milde Atlantikluft
herangeführt, die nur kurzzeitig auf der Rückseite der
Tiefdruckgebiete von erwärmter Polarluft verdrängt wird. Diese
Polarluft bringt am Donnerstag und Freitag im Mittelgebirgsraum
Schnee. Im Bayerischen Wald werden dabei kräftige Schneefälle
erwartet, die eine gute Grundlage für den Weihnachtsschnee bilden
könnten.
Die weitere Wetterentwicklung war lange unsicher. Einige Modellläufe
zeigten für Weihnachten eine Luftmassengrenze zwischen subtropischer
Luft im Süden und polarer Kaltluft im Norden. In diesem Bereich wurde
Schnee bis in tiefe Lagen simuliert. Andere Optionen rechneten sogar
mit einem Kaltlufteinbruch, während wieder andere sehr mildes Wetter
zeigten. Nun haben sich die milden Varianten durchgesetzt: Fast alle
Modelle zeigen ein neues Tief auf einer nördlichen Zugbahn. Zu
Heiligabend gelangt Mitteleuropa in den weit geöffneten Warmsektor
dieses Tiefs, wobei für die Jahreszeit ungewöhnlich warme
subtropische Luft herangeführt wird. Dazu wird es stürmisch und
regnerisch. So setzt sich das Weihnachtstauwetter auch in den
Gipfellagen der Mittelgebirge durch. Die Frage bleibt, wie lange die
dortige Schneedecke dem Tauwetter standhalten kann. Dies dürfte nur
in den östlichen Mittelgebirgen oberhalb von 800 m und in einigen
Alpentälern der Fall sein. Im Tiefland werden zweistellige
Höchstwerte erwartet. Auch wenn die Modelle sich relativ einig sind,
bleibt bei solchen Wetterlagen in diesem Vorhersagezeitraum immer
eine Restunsicherheit. Es ist also nicht auszuschließen, dass die
Kaltluft, die nicht weit nach Norden zurückgedrängt wird, durch eine
etwas andere Zugbahn der Tiefdruckgebiete doch noch ihren Weg zu uns
findet. Deshalb besteht eine Restwahrscheinlichkeit von 5 % für weiße
Weihnachten in tieferen Lagen, die im Nordosten etwas höher ist.
Wie sieht es jedoch bezüglich der weiteren Feiertage aus? Irgendwann
im Laufe der Feiertage überquert uns die Kaltfront des Tiefs mit
erwärmter Polarluft. Diese könnte zumindest im Bergland und im
Nordosten etwas Schnee bringen. Laut den Modellprognosen ist selbst
das noch sehr unsicher.
Als Fazit lässt sich festhalten, dass es zu Heiligabend
voraussichtlich ziemlich mild wird. Dabei profitieren die Kammlagen
der östlichen Mittelgebirge noch vom Restschnee. An den
Weihnachtsfeiertagen wird es dann wahrscheinlich etwas kälter, aber
ernstzunehmende Schneeoptionen bestehen nur für den Nordosten und das
Bergland. Selbst wenn der Kaltlufteinbruch stärker ausfallen sollte,
wird er nicht nachhaltig sein. Die derzeitige Westwindzirkulation ist
sehr stabil und typisch für milde Winter. Eine nachhaltige
Einwinterung wie noch zu Beginn des Dezembers ist derzeit also nicht
in Sicht.


Dipl.-Met. Christian Herold
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.12.2023

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