Thema des Tages

14-01-2024 13:20


Wetter aktuell
Gefrierender Regen unter Hochdruckeinfluss?

Vergangenen Donnerstag kam es gebietsweise zu einer markanten
Glättelage durch gefrierenden Regen/Sprühregen. Wie konnte dieser
trotz Hochdruckeinfluss entstehen und warum gestaltet sich dessen
Vorhersage äußerst komplex?

Nachdem sich zu Wochenbeginn deutschlandweit arktische Luftmassen
durchgesetzt hatten, verlagerte sich zur Wochenmitte Hoch HANNELORE
zu den Britischen Inseln. Damit drehte die Strömung auf nördliche
Richtungen und es gelangten unter Hochdruckeinfluss feuchtere
Luftmassen in die Nordhälfte. Die Anfeuchtung erfolgte allerdings nur
in den unteren Schichten. Ab 900 Hektopascal (etwa 1 Kilometer Höhe)
zeigte sich ausgelöst durch das kräftige Hochdruckgebiet über den
Britischen Inseln weiterhin eine markante Absinkinversion. Am
Donnerstag sorgte dann ein kleiner Randtrog, welcher sich von
Skandinavien nach Osteuropa verlagerte, für einen leichten
Hebungsimpuls. Zudem spielte die Orographie der zentralen
Mittelgebirge eine wichtige Rolle, wodurch die bodennahe feuchte
Schicht etwas angehoben wurde. Aus der dichten, tiefen
Stratusbewölkung fiel daraufhin ab dem Mittag gebietsweise Sprühregen
und teils auch etwas Schnee. Dies geschah vor allem in der nördlichen
Mitte von Nordrhein-Westfalen bis nach Brandenburg, denn dort lagen
die Temperaturen verbreitet bis etwa 1 Kilometer Höhe noch im
negativen Bereich.

Warum kam es aber nun recht verbreitet zu gefrierenden Regen und
nicht zu Schneefall?

Dazu lohnt sich ein Blick auf den Radiosondenaufstieg von Essen um
Mitternacht 00 UTC (Abbildung 1). Dort ist die gesättigte
Grundschicht, sowie die Absinkinversion (Temperaturumkehr mit der
Höhe) ab etwa 1 Kilometer deutlich zu erkennen. Mit dem leichten
Hebungsantrieb durch den herannahenden Randtrog wurde die feuchte
Schicht etwas gehoben, wodurch rasch Sättigung einsetzte. Da dies nur
in einem begrenzten Bereich ablief, in dem die Temperaturen zwischen
0 und -5 Grad lagen, waren kaum Eiskristalle in den Wolken vorhanden.
Somit konnten die unterkühlten Wassertröpfchen nicht überall zu
Schneekristallen heranwachsen. Diese Eiskristalle dienen nämlich als
Kondensationskeime, damit die Tröpfchen in der Wolke zu Schnee
heranwachsen können. Im Unterschied zu gewöhnlichen Wetterlagen mit
gefrierenden Regen ist hierbei keine markante Warmfront im Spiel,
sondern lediglich Hochdruckwetter mit einer feuchten Grundschicht und
einem leichten Hebungsimpuls. Die Niederschlagsmengen sind bei dieser
Entstehungsart von gefrierenden Regen zwar gering, können aber
trotzdem gerade auch aufgrund ihrer langen Andauer für markante
Glätte auf den gefrorenen Böden sorgen. Verbreitet lagen die
24-stündigen Mengen bis Donnerstag lediglich zwischen 0 und 1 Liter
pro Quadratmeter (Abbildung 2).

Solche Lagen stellen den Warnmeteorologen vor größere
Herausforderungen. Die Vorhersagemodelle hatten zeitweise große
Schwierigkeiten, die Gebiete, in denen gefrierender Regen fällt zu
identifizieren. Häufig wird dabei -wie auch am vergangenen Mittwoch-
der gefrierende Regen in den Modellen nicht simuliert, da diese eine
zu geringe vertikale Auflösung besitzen um die dünne,
niederschlagsproduzierende Wolkenschicht zu simulieren. Außerdem
gestaltet sich auch das Nowcasting schwierig, da vor allem
höhergelegene Radarstationen die tiefliegende Wolkenschicht nicht
erfassen können und somit die Informationen über die räumliche
Verteilung der Niederschläge teils nicht ausreichend zur Verfügung
stehen. Die Radarstrahlen der Radargeräte erfassen nämlich lediglich
nur Niederschlagsprozesse oberhalb 1-2 Kilometer Höhe. Gerade in
diesen Fällen sind Beobachtungen und Nutzermeldungen auch durch die
Warn-Wetter App von großer Bedeutung für unsere Arbeit.

(Die Bilder und Links zum heutigen Thema des Tages finden Sie wie
immer im Internet unter www.dwd.de/tagesthema.)


M.Sc. Meteorologe Nico Bauer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 14.01.2024

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