Thema des Tages

16-02-2024 14:50


Wetter aktuell
Weiter mild - wo steckt der Winter?


Das heutige Thema des Tages blickt auf die teils bemerkenswert milden
Temperaturen der vergangenen Nacht - und begibt sich auf die Suche
nach dem Winter

Dass es für die Jahreszeit viel zu warm ist, wurde ja in den
vergangenen Tagen auch hier im Thema des Tages schon ausreichend
beschrieben. Ein weiteres Kapitel zu dieser Geschichte hat die
vergangene Nacht hinzugefügt. Denn die war im Westen von
außergewöhnlich hohen Minimumtemperaturen geprägt.


Um die nächtlichen Tiefsttemperaturen zu ermitteln, wird in der Regel
ein Zeitraum von 18 Uhr UTC bis 06 Uhr UTC des Folgetages gewählt
(UTC = koordinierte Weltzeit). Dies entspricht in Mitteleuropa und
damit auch in Deutschland im Winter einem Zeitraum von 19 Uhr bis 07
Uhr MEZ.

Insbesondere im Frühwinter, wenn die Tage recht kurz sind, kann sich
dabei das Problem ergeben, dass die tiefsten Temperaturen der Nacht
erst nach 07 Uhr MEZ auftreten. Sie werden somit in dem betrachteten
Zeitfenster nicht erfasst. Damit ist die Angabe der Tiefsttemperatur
für das Zeitfenster zwar korrekt, es ist aber eben nicht die tiefste
Temperatur der gesamten Nacht. Diese wird dann dem frühen Vormittag
zugeschlagen und purzelt somit aus dem betrachteten Zeitraum heraus
(wie in Abbildung 1, in welcher der "Tiefstwert 2" kleiner ist als
der "Tiefstwert 1", der der tiefsten Temperatur des Zeitfensters 18
Uhr bis 06 Uhr entspricht).

Will man, beispielsweise bei klimatologischen Betrachtungen, die
tiefsten Temperaturwerte ermitteln, so ist das hier skizzierte
Problem recht einfach zu lösen. Denn der Wert, für den man sich
interessiert, wird dann in der Regel als Tiefstwert dem folgenden
Zeitraum 06 Uhr bis 18 Uhr zugeschlagen. Er geht also nicht verloren.


Problematischer und richtig knifflig wird es, wenn man aus einem Pool
von Minimalwerten, die man jeweils in den Zeiträumen von 06 Uhr bis
18 Uhr und von 18 Uhr bis 06 Uhr ermittelt hat, den höchsten
herausfiltern will. Würde man so vorgehen, dann wäre in der Abbildung
1 der "Tiefstwert 1" das höchste Minimum. Denn es rutscht als
niedrigster Wert des Zeitfensters 18 Uhr bis 06 Uhr mit in die
Auswertung - und behält dort gegen den eigentlichen tiefsten Wert der
Nacht, den "Tiefstwert 2", die Oberhand. Das Problem ist, dass der
"Tiefstwert 1" nur durch die Zerlegung der Temperaturkurve zu einem
Tiefstwert wird, er aber mit Blick auf die gesamte Temperaturkurve
überhaupt keinen Tiefstwert darstellt. Ein Lösungsansatz für dieses
Problem ist ein sogenanntes 15-Stunden-Minimum, bei dem die gesamte
Temperaturentwicklung des Morgens Berücksichtigung findet.

Die folgenden Aussagen sind, entsprechend dem oben gesamten, unter
dem Vorbehalt einer abschließenden Prüfung zu sehen. Es ist aber
sicher, dass die Tiefstwerte der vergangenen Nacht außergewöhnlich
mild ausgefallen sind. Dies zeigt auch die Abbildung 2, in welcher
die Tiefstwerte des Zeitraums Donnerstag, 15.02.2024, 18 UTC bis
Freitag, 16.02.2024, 06 UTC dargestellt sind. Die Frage, ob dies
tatsächlich die Minima der Nacht gewesen sind, soll hier
offengelassen werden. Klar ist aber, dass die tatsächlichen
Tiefstwerte, wenn überhaupt, kaum tiefer gelegen haben dürften.
Sowohl in Duisburg als auch in Bochum lagen die Werte bei 12,7 Grad,
kaum kühler war es mit 12,6 Grad in Essen (rote Markierung). Wer
jetzt auf die städtische (Ruhrgebiets-) Wärmeinsel verweist, der
findet etwas weiter östlich in Werl sogar eine Messung 12,9 Grad
(ebenfalls rot markiert, Abbildung 2).

Dass das nicht winterlich ist, darüber muss man nicht diskutieren.
Aber wo steckt der Winter denn dann? Beispielsweise in Skandinavien.
Die Abbildung 3 zeigt links die aktuellen Schneehöhen in Europas
Norden. Im Skandinavischen Gebirge liegen vereinzelt bis zu zwei
Meter Schnee, ansonsten sind es meist 50 bis 100 cm. Auf der rechten
Seite sind die erwarteten Höchstwerte für den morgigen Samstag
abgebildet. Im Süden Skandinaviens bleibt es frostfrei, dort bekommt
man auch ein wenig von der milden Atlantikluft ab, die uns die
aktuell milde Phase beschert. Im Norden und der Mitte steht dagegen
Dauerfrost auf der Agenda, die tiefsten Temperaturen werden dabei
einerseits in den Skandinavischen Alpen, andererseits im Norden
erwartet, wo die Tageslänge mit knapp 8 Stunden (z. B. Tromsö in
Nordnorwegen) weiterhin sehr bescheiden ausfällt.


Dipl.-Met. Martin Jonas
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 16.02.2024

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