Thema des Tages

13-03-2024 14:50


Wissenschaft kompakt
Saharastaub und Wolken - eine optisch sehr ansprechende Kombination


Saharastaub in der Atmosphäre kann nicht nur Wolken bilden, sondern
auch für sehr interessante Wolkenstrukturen sorgen. Mehr dazu im
heutigen Thema des Tages.


Beim Blick auf das Satellitenbild am heutigen Mittwochmorgen stieß
einem eine Wolkenformation über Osteuropa förmlich ins Auge. Eine
Wolkenspirale mit einer Art Rippenmuster - jetzt schon Anwärter auf
das optische Highlight des Tages! Oder was meinen Sie beim Anblick
von Abbildung 1? Dahinter steckt die Einbindung von Saharastaub in
die Luftzirkulation.

Bei bestimmten Strömungsverhältnissen können große Mengen Staub in
der Sahara aufgewirbelt werden und in der Troposphäre bis etwa 10
Kilometern Höhe quer über den Globus verteilt werden. Es handelt sich
dabei um Mineralstaub, also winzig kleine Schwebeteilchen, sogenannte
"Aerosole". Diese Teilchen sind hygroskopisch. Das bedeutet, dass sie
als Kondensationskeime dienen. Wasserdampf aus der Luft kann an den
Teilchen also zu kleinen Tröpfchen kondensieren. Wenn durch den
zusätzlichen Eintrag von Saharastaub nun mehr hygroskopische Aerosole
in die Luft gelangen, kann dadurch die Wolkenbildung angeregt werden.


Nicht selten führen Saharastaubereignisse zu Bildung dichter
Schleierwolken, die den Himmel stark eintrüben können. Was für uns
also statt eitel Sonnenschein Tristesse bedeuten kann, ist aus Sicht
der Meteorologen durchaus problematisch. Denn bis heute haben die
Wettermodelle so ihre Schwierigkeiten mit der Vorhersage dieser
"staubgeschwängerten" Bewölkung. Daher gab und gibt es auch beim
Deutschen Wetterdienst intensive Forschungsarbeiten in dieser
Thematik. In Zusammenarbeit mit dem Karlsruher Institut für
Technologie (KIT) hat der DWD in der Folge ein Modellsystem
entwickelt, das den Mineralstaub als prognostische Größe behandelt
und auch aktuelle Staubausbrüche in der Vorhersage berücksichtigt,
das sogenannte ICON-ART. In Abbildung 2 sieht man eine Berechnung der
sogenannten optischen Dicke für heute früh 6 UTC. Die optische Dicke
beschreibt grob gesagt die Trübung der Atmosphäre durch Mineralstaub.
In der Abbildung lässt sich dadurch schön der Transport von
Mineralstaub aus Nordafrika in einem Bogen über die Türkei, das
Schwarze Meer und die Ukraine bis nach Polen und tatsächlich auch in
die Osthälfte Deutschlands nachvollziehen. Zudem findet sich ein
Maximum der Optischen Dicke genau in dem Bereich, wo sich im
Satellitenbild das Rippenmuster präsentierte.

Apropos Rippenmuster: Tatsächlich gibt es für seine Entstehung
mehrere Theorien, wobei wir uns hier auf die verbreitetste
beschränken wollen. Dafür muss man wissen, dass Aerosole nicht nur
die Wolkenbildung fördern, sondern auch einen direkten Einfluss auf
den Strahlungshaushalt der Atmosphäre haben. Offenkundig ist, dass in
der Troposphäre befindlicher Mineralstaub weniger kurzwellige
Sonnenstrahlung zum Erdboden durchlässt und dafür sorgt, dass es dort
kühler ist. Doch was passiert mit der Sonnenstrahlung, die nicht bis
zum Erdboden durchkommt? Nun, ein Teil wird direkt zurück in Richtung
Weltraum reflektiert. Der andere Teil wird absorbiert und in
langwellige Wärmestrahlung umgewandelt. Diese führt zu einer
Erwärmung im Bereich des Staubes beziehungsweise der damit in
Verbindung stehenden Wolkendecke. Die Temperatur nimmt also mit der
Höhe weniger stark ab. Die Veränderung des Strahlungshaushaltes durch
den Staub führt tagsüber daher zu stabileren Verhältnissen im Bereich
der Wolkendecke (siehe Abbildung 2 links).

Wenn die Sonne abends untergeht, wird die Wärme nach oben in Richtung
Weltraum abgegeben. Die Wolkendecke kühlt insbesondere an ihrer
Oberseite demnach stärker ab. Das wiederum führt zu einer langsamen
Labilisierung, also einer zunehmend starken Temperaturabnahme mit der
Höhe. Bei labilen Verhältnissen ist ein Luftpaket, das aus der
Wolkendecke nach oben steigt, stets wärmer und damit leichter als
seine Umgebung. Es bekommt damit wie ein heliumgefüllter Luftballon
Auftrieb und steigt ungehindert weiter nach oben. An seinen Flanken
kommt es zu einer ausgleichenden Abwärtsbewegung von Luft (siehe
Abbildung 2 rechts). Das Resultat ist eine mehr oder weniger
gleichmäßige Wellenform an der Oberseite der Wolkendecke, die vom
Satelliten aus gesehen wie ein Rippenmuster erscheinen kann. Wenn die
Sonne nun wieder aufgeht und sich die Luftschichtung stabilisiert,
geht das zumindest vom Weltraum aus schön anzusehende Rippenmuster
allmählich wieder verloren.



Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 13.03.2024

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