Thema des Tages

08-04-2024 14:50


Wetter aktuell
Spannender nächtlicher Temperaturverlauf in Oberbayern

Auch die vergangene Nacht war verbreitet wieder ungewöhnlich mild für
Anfang April. Nicht nur die Maxima waren rekordverdächtig, sondern
auch die Minima. Einen besonders spannenden Temperaturverlauf, dem in
diesem Thema des Tages ebenfalls auf den Grund gegangen wird, gab es
dabei in Oberbayern.

Das erste verbreitet sommerliche und rekordverdächtige Wochenende in
diesem Jahr in Deutschland ist nun Geschichte. Am wärmsten war dabei
der Samstag, an dem es mit Ausnahme des Nordens und Ostens sowie der
Hochlagen verbreitet einen Sommertag mit Höchstwerten über 25 °C gab.
Nähere Informationen dazu und warum es am gestrigen Sonntag nicht
ganz so warm wurde, gibt es im gestrigen Thema des Tages unter:
https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2024/4/7.html.

Aber nicht nur die Tageshöchstwerte waren ungewöhnlich und
rekordverdächtig, sondern auch die Tiefstwerte der vergangenen zwei
Nächte. Beispielsweise wurden in der Nacht zum Sonntag nach
vorläufigen und noch nicht validierten Messungen in Quedlinburg
(Sachsen-Anhalt) 20,0 °C, in Bad Harzburg (Niedersachsen) 19,2 °C und
in Wernigerode (Sachsen-Anhalt) 18,7 ° C registriert. Quedlinburg
erreichte somit sogar eine Tropennacht, bei der der nächtliche
Tiefstwert laut Definition nicht unter 20,0 °C liegen darf. Der
Monatsrekord für das deutschlandweite höchste Minimum datiert vom
23.04.1968 mit 20,2 °C in Nossen und Altergeringswalde (beides
Sachsen). An einigen Stationen wurden aber neue Monatsrekorde für das
höchste je gemessene Minimum gebrochen. Für Anfang April ist das
absolut außergewöhnlich.

Nun wollen wir uns aber einem spannenden und ungewöhnlichen Verlauf
der Temperatur in der vergangenen Nacht zweier Orte in Oberbayern
widmen. Die Protagonisten sind Wielenbach, das auf etwa 550 m etwas
südlich des Ammersees liegt und Bad Kohlgrub am Fuße des
Ammergebirges auf knapp 750 m. Die zwei Orte trennen also fast 200
Höhenmeter und rund 25 km Luftlinie.

Die Grafiken wurden von https://www.mtwetter.de/ entnommen und unter
https://www.mtwetter.de/meteogramm36h_info.php findet sich eine
umfassende Legende zu den dargestellten Linien. Wir wollen uns aber
hauptsächlich auf die obere rote Linie, die den zehnminütigen
Lufttemperaturverlauf darstellt und die zwei blauen Linien, die den
Verlauf des Taupunktes und der relativen Luftfeuchte zeigen,
konzentrieren. Schon zu Beginn der Nacht ergeben sich Unterschiede
bei den Meteogrammen. Während in Wielenbach die Lufttemperatur
langsam aber sicher ab- und die relative Luftfeuchte zunahm, änderten
sich diese Werte in Bad Kohlgrub nur unwesentlich. Dies deutet darauf
hin, dass sich im tiefer gelegenen Wielenbach bereits eine bodennahe
Kaltluftschicht ausbilden konnte, was im höher gelegenen Bad Kohlgrub
nicht der Fall war. Im weiteren Verlauf der Nacht konnte sich die
Lufttemperatur in Wielenbach immer weiter abkühlen. Ganz anders was
es hingegen in Bad Kohlgrub. Dort kam es ab etwa 0 UTC zu einem
deutlichen Anstieg der Lufttemperatur und gegen 1:30 UTC wurden
außergewöhnlich warme 24 °C erreicht. Dazu trocknete die Luftmasse
erheblich ab und der Taupunkt sank von +5 °C auf Werte um -4 °C. Was
war nun der Auslöser dieses Temperaturanstiegs und warum wurde es
weiter nördlich nicht wärmer?

Eine mögliche Erklärung liegt darin, dass sich in Bad Kohlgrub mitten
in der Nacht der Föhn durchgesetzt hat. Dieser sorgte für eine
leichte Turbulenz im Bereich der bodennahen Kaltluftschicht, wodurch
diese durchbrochen werden konnte und es zu einer Durchmischung der
Luftmasse kam. In Wielenbach hingegen konnte sich der Föhn nicht
durchsetzen und dort hielt sich eine dünne und entkoppelte
Kaltluftschicht, in der sich die Lufttemperatur bis zum Morgen immer
weiter abkühlte. Erst nach Sonnenaufgang nahm der normale Tagesgang
wieder seinen Lauf und die Lufttemperatur stieg wieder an. Der
Rückgang der Lufttemperatur am frühen Morgen in Bad Kohlgrub war
vermutlich damit verbunden, dass der Wind sich etwas abschwächte und
es somit vorübergehend nicht mehr zu einer Durchmischung der
Luftmasse reichte.

Ein Ausblick in die kommenden Nächte zeigt, dass ab der Nacht zum
Mittwoch die Minima wieder auf einstellige Werte sinken und vor allem
in der Nacht zum Donnerstag droht in der Südosthälfte wieder Frost in
Bodennähe.


Dipl.-Met. Marcel Schmid
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 08.04.2024

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