Thema des Tages

21-11-2016 14:40

"Trog Westeuropa"

Der Jahresverlauf der Witterung an einem Ort oder in einem Gebiet
besteht aus einer Folge typischer Wettersituationen, den sog.
Großwetterlagen. Diese ergeben sich durch bestimmte großräumige
Luftdruck bzw. Geopotentialverteilungen und die daraus resultierenden
Strömungsmuster. Welche Großwetterlage sich einstellt, wird
letztendlich durch die allgemeine Zirkulation der Atmosphäre bestimmt
und manifestiert sich im raum-zeitlichen Verhalten der
atmosphärischen Höhenströmung in der mittleren Troposphäre. Diese
fließt auf der Nordhalbkugel stets so, dass, in Stromrichtung
betrachtet, auf der rechten Seite hoher Luftdruck bzw. hohes
Geopotential und auf der linken Seite tiefer Luftdruck bzw. niedriges
Geopotential herrschen. Das Wetter selbst wird außerdem noch durch
die Eigenschaften der in das jeweilige Zirkulationsregime
einbezogenen Luftmassen dominiert. Es kann während der Andauer einer
Großwetterlage an einzelnen Orten innerhalb des betrachteten Gebietes
durchaus wechseln, der Witterungscharakter bleibt jedoch erhalten.

Die seit ein paar Tagen vorherrschende Wetterlage nennt sich "Trog
Westeuropa" (wiss. Abk. TrW). Sie gehört zu den meridionalen
Zirkulationsformen, d.h. sie ist durch eine stark mäandrierende
Höhenströmung gekennzeichnet. Die verläuft derzeit über dem
Ostatlantik in Nord-Süd-Richtung, kehrt südwestlich der Iberischen
Halbinsel um und wendet sich schließlich über Mitteleuropa
nordostwärts. Somit befindet sich über Westeuropa ein ausgedehntes
Gebiet niedrigen Luftdruckes bzw. Geopotentials, welches im
Meteorologenjargon gern als "langwelliger Trog" bezeichnet wird. An
der Vorderseite dieses Tiefdrucksystems gelangt Meeresluft
subtropischen Ursprungs nach Mitteleuropa. Dabei sorgen ein markanter
Luftdruckgradient - oder einfacher formuliert markante
Luftdruckgegensätze in West-Ost-Richtung - für eine lebhafte Strömung
aus südlichen Richtungen. Der Wind weht daher vor allem in der
Westhälfte Deutschlands mäßig bis frisch mit starken Böen aus
Richtungen um Süd. Im Bergland gibt es am heutigen Montag sowie am
Dienstag zum Teil stürmische Böen oder gar Sturmböen. In den Alpen
hält der Föhnsturm mit Orkanböen auf den Gipfeln und Sturmböen in
einzelnen Föhntälern an. Die Temperatur erreicht verbreitet
"frühlingshafte" 9 bis 15 °C, in einigen Alpentälern werden dank des
Föhn-Effektes sogar Maxima um 17 °C erreicht.

Unter http://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2016/11/21.html
finden Sie oben eine vom heutigen 00:00-UTC-Lauf des amerikanischen
Vorhersagemodells GFS berechnete Prognose der geopotentiellen Höhe
der die untere Troposphäre repräsentierenden 850-hPa-Hauptdruckfläche
sowie die dort herrschende Temperatur, für Montag, den 21.11.2016,
06:00 Uhr UTC. Anhand der Farbkonturen erkennt man die Advektion
warmer Luft aus südlichen Richtungen an der Vorderseite der Zyklone
mit Kern südwestlich der Britischen Inseln. Nördlich der Alpen sowie
der Pyrenäen macht sich deutlich der Föhn-Effekt bemerkbar,
einerseits in der zyklonalen Ausformung der 850-hPa-Isopotentialen,
andererseits in der adiabatischen Erwärmung der Luft durch
Absinkbewegungen im Lee der Gebirge (man beachte die dunkelorange
gefärbten Gebiete innerhalb der 10-°C-Isothermen).
Unten finden Sie ein sog. thermodynamisches Diagramm ("Temp") der
Flugwetterwarte München für Montag, den 21.11.2016, 06:00 Uhr UTC,
welches die vertikale Änderung der Lufttemperatur darstellt.
Normalerweise nimmt die Temperatur mit der Höhe ab. Hier jedoch
bewirkt, neben der nächtlichen Abkühlung bei z.T. klarem Himmel, die
Advektion relativ warmer Luft über einer im Winterhalbjahr stets
kalten Grundschicht eine "Inversion", also eine Umkehr des vertikalen
Temperaturverlaufs. Beginnend mit -1,2 °C am Boden steigt die
Temperatur bis etwa 330 m über Grund auf 16,1 °C um dann rasch mit
der Höhe abzunehmen.


Dipl.-Met. Thomas Ruppert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 21.11.2016

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