Thema des Tages

04-12-2016 14:40

"Hoch Mitteleuropa"

Der Jahresverlauf der Witterung in Mitteleuropa besteht aus einer
Folge typischer Wettersituationen, den "Großwetterlagen". Diese
ergeben sich aus weiträumigen Luftdruckverteilungen und den daraus
resultierenden Strömungsmustern in Bodennähe, sowie auch in den
darüber liegenden Luftschichten. Das Wetter selbst wird außerdem
durch die Eigenschaften der in die Zirkulation einbezogenen
Luftmassen dominiert. Es kann während der Andauer einer
Großwetterlage an einzelnen Orten innerhalb des betrachteten Gebietes
durchaus wechseln, der allgemeine Witterungscharakter bleibt jedoch
erhalten. Die meteorologische Teildisziplin, die sich u. a. mit den
Großwetterlagen befasst, nennt sich "synoptische Klimatologie". Nach
deren Regeln muss eine Wettersituation in Mitteleuropa mindestens
drei Tage andauern, um als eigenständige Großwetterlage betrachtet
werden zu können. Die Klassifizierung von Großwetterlagen ermöglicht
eine systematische qualitative Beschreibung des Ablaufes von Wetter,
Witterung und Klima.

Derzeit dominiert hoher Luftdruck über dem größten Teil Europas, eine
ausgedehnte Hochdruckzone namens UWE erstreckt sich am morgigen
Montag von der Nordsee (UWE I) bis zum Schwarzen Meer (UWE II). Sie
hält uns in der ersten Wochenhälfte atlantische Tiefausläufer vom
Leibe, die folglich nur den äußersten Norden und Nordosten
Deutschlands touchieren können. Im größten Teil unseres Landes wird
dagegen ruhiges, teils zu Nebel und Hochnebel neigendes, aber auch
teils sonniges und weitgehend trockenes Winterwetter erwartet. Die
Tageshöchsttemperaturen variieren meist im einstelligen positiven
Bereich, nachts herrscht leichter bis mäßiger Frost, wobei
streckenweise Glättegefahr besteht.

Vom synoptisch-klimatologischen Standpunkt bietet sich in diesen
Tagen die Charakterisierung der Großwetterlage "Hoch Mitteleuropa"
(wissenschaftliche Abkürzung HM) an. Sie zählt zu den gemischten
Zirkulationsformen, d.h. die zonale, also in West-Ost-Richtung
verlaufende Strömungskomponente über dem Kontinent und der in
Nord-Süd-Richtung orientierte, meridionale Anteil, halten sich die
Waage. "Hoch Mitteleuropa" ist typisch für unser Klima und tritt im
Dezember im langjährigen Mittel mit knapp 9% aller Fälle
überdurchschnittlich häufig auf. Weil diabatische, vom Erdboden
ausgehende atmosphärische Abkühlungs- und Erwärmungsprozesse bei
ruhigen, beständigen Wetterlagen besonders intensiv sind, stehen
winterliche Kälte- und sommerliche Hitzewellen oftmals mit dieser
Großwetterlage in Verbindung.

Unter http://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2016/12/04.html
finden Sie oben eine vom heutigen 00:00-UTC-Lauf des amerikanischen
Vorhersagemodells GFS berechnete Prognose der geopotentiellen Höhe
der die untere Troposphäre repräsentierenden 850-hPa-Hauptdruckfläche
sowie die dort herrschende Temperatur, für Sonntag, den 04.12.2016,
06:00 Uhr UTC. Wie man leicht sieht, herrschen über der Biskaya milde
Temperaturen, über Osteuropa dagegen kommt eine Polarluftmasse
südwärts voran und Mitteleuropa liegt sozusagen "dazwischen". Die
darunter stehende Abbildung ist ein sog. thermodynamisches Diagramm
("Temp") der Flugwetterwarte München für Sonntag, den 04.12.2016,
06:30 Uhr UTC, welches die vertikale Änderung der Lufttemperatur
darstellt. Normalerweise nimmt die Temperatur mit der Höhe ab. Hier
jedoch bewirkt in West- und Süddeutschland vor allem die Advektion
relativ warmer Luft über einer im Winterhalbjahr stets kalten
Grundschicht eine "Inversion", also eine Umkehr des vertikalen
Temperaturverlaufs. Beginnend mit -8,4 °C am Boden steigt die
Temperatur bis etwa 738 m über Grund auf 1,7 °C um dann allmählich
mit der Höhe abzunehmen.


Dipl.-Met. Thomas Ruppert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 04.12.2016

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