Thema des Tages

15-12-2016 14:40

Wolken und ihre Klassifikation

Wolken sind sichtbare Anhäufungen von Kondensations- und/oder
Resublimationsprodukten des atmosphärischen Wasserdampfes, also von
Wassertropfen und/oder Eiskristallen. Entsprechend unterscheidet man
neben reinen Wasserwolken auch Misch- sowie pure Eiswolken. Wolken
treten hauptsächlich in der Troposphäre auf, darunter versteht man
die unterste Schicht der Atmosphäre, wo salopp gesagt "das Wetter
stattfindet". Wolken entstehen durch Abkühlung feuchter Luft unter
die Taupunkttemperatur bei Vorhandensein einer ausreichenden Zahl von
Kondensationskernen. Meistens erfolgt die Abkühlung durch
adiabatische Expansion der Luft bei Vertikalbewegungen wie z.B. beim
Aufgleiten von Luftmassen an Fronten, orographischer Hebung an Bergen
oder Konvektion (durch Dichteunterschiede infolge unterschiedlicher
Erwärmung angetriebene vertikale Strömung in der Troposphäre). Aber
auch andere Mechanismen wie Abkühlung infolge turbulenter
Durchmischung oder langwellige Ausstrahlung sind als wolkenbildende
Ursachen bekannt.

Verschiedenartige Entstehungsprozesse bewirken eine Vielfalt von
Erscheinungsformen hinsichtlich Aussehen, Ausdehnung und
Zusammensetzung der Wolken. Dem tragen Wolkenklassifikationen
Rechnung, die nach genetischen oder morphologischen Aspekten
aufgebaut sein können. Dabei richten sich genetische Klassifikationen
nach der Entstehungsursache der Wolken, also den zugrunde liegenden
thermo-hydrodynamischen Prozessen. So kann man bereits einfach
"Stratus- bzw. Schichtwolken", die durch das Aufgleiten warmer Luft
auf eine kalte Luftmasse (Advektion) an Warmfronten entstehen, von
Cumulus- bzw. Quellwolken unterscheiden, die bei konvektiven
Prozessen auftreten. Die morphologische Klassifikation der Wolken
erfolgt anhand ihres Erscheinungsbildes, also anhand von Form und
Gestalt sowie ggf. der von ihnen hervorgerufenen optischen Effekte
wie z.B. Schattenbereiche oder Interferenzerscheinungen.

Die von der Weltorganisation für Meteorologie (englische Abkürzung
WMO) verbindlich gemachte internationale Wolkenklassifikation teilt
die zehn mit lateinischen Namen bezeichneten "Wolkengattungen"
(Cirrus, Cirrostratus, Cirrocumulus, Altocumulus, Altostratus,
Cumulus, Cumulonimbus, Stratocumulus, Stratus, Nimbostratus) in
Abhängigkeit von der Höhenlage ihres Auftretens in der Troposphäre in
vier "Wolkenfamilien" ein. So trifft man hohe Wolken (High
Troposphere: Cirrus - "Schleierwolken", Cirrostratus - "Höhendunst"
sowie Cirrocumulus - "feine Schäfchenwolken") je nach Jahreszeit in 5
bis 13 km Höhe an, mittelhohe Wolken (Medium Troposphere: Altostratus
sowie Altocumulus - "grobe Schäfchenwolken") befinden sich in 2 bis 7
km Höhe und tiefe Wolken (Low Troposphere: Stratus sowie
Stratocumulus) in der Schicht vom Erdboden bis in 2 km Höhe. Außerdem
können sich Wolken über mehrere "Stockwerke" erstrecken (Towering
Vertical Clouds), dazu gehören hoch aufragende Quellwolken (Cumuli),
Cumulonimbus ("Gewitterwolken") und Nimbostratus ("Regenwolken").

Weitere, feinere Unterscheidungsmerkmale führen zu insgesamt vierzehn
"Wolkenarten" und neun "Wolkenunterarten", die durch nachgestellte
lateinische Adjektive beschrieben werden. So lautet etwa der
vollständige lateinische Name für eine mittelhohe, strukturlose,
nebelartige aber durchscheinende Schichtwolke "Altostratus nebulosus
translucidus" (abgekürzt As neb tr). Daneben gibt es noch wiederum
neun, durch spezielle (thermo-)dynamische Vorgänge in der Troposphäre
hervorgerufene "Wolkensonderformen" (Other Accessories Clouds) wie
z.B. die mit Tornados verbundenen, in der Storm-Chaser-Szene eher als
"Funnel Clouds" bekannten "Trichterwolken". Nicht zuletzt sind Dunst
und Nebel natürlich auch Wolken.

Unter http://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2016/12/15.html
finden Sie einen von Antonio Ciccolella publizierten einfachen
Wolkenatlas als Vertikalschnitt der Troposphäre mit den wichtigsten
Wolkenarten und -sonderformen. Für darüber hinaus gehende
Betrachtungen muss auf die entsprechende Fachliteratur (u.a.
wissenschaftliche Wolkenatlanten) verwiesen werden. Da
Wolkenbildungen stets mit bestimmten thermo-hydrodynamischen
Prozessen in der Troposphäre einhergehen, eignen sich
Wolkenbeobachtungen hervorragend zur Interpretation des aktuellen
Wetterzustandes und dessen kurzfristigen Änderungen. Sorgfältige
Augenbeobachtungen der Bewölkungsverhältnisse an bemannten
Wetterstationen waren vor der Einführung von numerischen Modellen,
Radardaten und Satellitenbildern für den im Vorhersagedienst tätigen
Meteorologen essentiell. In der heutigen Zeit sind sie vor allem im
Bereich der Kürzestfristvorhersage ("Nowcasting") immer noch eine
wertvolle Ergänzung und besonders für Bergwanderer, Segler und
Sportflieger ist ein geschulter Blick in den Himmel unter Umständen
lebensrettend.

Dipl.-Met. Thomas Ruppert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 15.12.2016

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