Thema des Tages

30-12-2016 14:40

Frau Holle auf Abwegen - Wo steckt der Winter in Europa?

Die Wetterlage in Europa zeigte sich in den letzten Tagen sehr
beständig. Ein ausgeprägtes Hochdruckgebiet über großen Teilen
Mittel- und Südwesteuropas sorgt und sorgte vielfach für teils
sonniges, teils aber auch neblig-trübes bis graues Dezemberwetter.
Was aber den Winter mit Schnee und Kälte betrifft, so müssen wir uns
derzeit in anderen Regionen Europas umschauen.

Durch das starke Hochdruckgebiet werden die Tiefs auf dem Atlantik
gezwungen, auf eine nördliche Bahn auszuweichen. Dabei verlagern sie
sich über Skandinavien hinweg nach Osten. Vereinzelt werden die Tiefs
auch um das Hoch herum wieder nach Süden geführt. So geschehen diese
Woche, wo sich ein hochreichendes Tief über dem Schwarzen Meer
einnistete. Mit einer mäßigen nördlichen bis nordöstlichen Strömung
wurde sehr kalte sibirische Luft weit nach Süden transportiert. Sie
führte vom Schwarzen Meer bis nach Griechenland und die Türkei zu
einem erheblichen Wintereinbruch mit Schnee und Eis (vgl. Abbildung
1). In Teilen von Griechenland und der Türkei fielen bis zu einem
halben Meter Neuschnee. Selbst in Athen, der Hauptstadt
Griechenlands, oder auf den Inseln Rhodos (Abb. 3) oder Chios direkt
am Meer schneite es bei Temperaturen um 1 Grad mäßig, sodass sich
zumindest vorübergehend eine Schneedecke ausbilden konnte. In den
wenige Kilometer entfernten Regionen von Athen (Villa Attica), die
etwas höher gelegen sind (Abb. 2), kamen bis zu 40 cm Schnee
zusammen. Auch Ankara die Hauptstadt der Türkei sowie allgemein das
türkische Bergland versinken im Schnee. In Istanbul mischen sich
ebenfalls zunehmend Flocken unter den Regen. Bei Temperaturen um 3
Grad ist es dort für eine dauerhafte Schneeschicht noch zu warm.
Insgesamt lösten die Schneefälle in vielen Regionen Südosteuropas ein
Verkehrschaos aus. Weiter östlich an der Südküste der Türkei und auf
Zypern entwickelten sich dagegen bei 10 bis 15 Grad teils kräftige
Gewitter mit Starkregen und zahlreichen Windhosen.

Was für viele Winterfans in Deutschland und Mitteleuropa ein Segen
wäre, sorgte in Südosteuropa also für Chaos. Die Behörden dort
sprechen von einem heftigen Wintereinbruch. Vor allem im Bergland
sind zahlreiche Haushalte von der Stromversorgung abgeschnitten.
Viele Straßen waren durch die heftigen Schneefälle zumindest
vorübergehend unpassierbar. Insgesamt gab es bis Freitagmorgen
innerhalb von 48 Stunden zwischen 10 und 30 l/qm, in höheren oder
exponierten Regionen teils auch über 50 l/qm Niederschlag, der bei
Höchsttemperaturen um bzw. nur wenig über 0 Grad vielerorts bis in
tiefe Lagen als Schnee fiel.

Weitere nennenswerte flächendeckende Schneemengen sind derzeit nur
noch in Skandinavien sowie in Russland und Teilen der Ukraine zu
finden. In Mitteleuropa muss man schon hoch hinaus um die weiße feste
Phase sehen zu können. Lediglich oberhalb von etwa 800 bis 1000 m
liegt hierzulande noch etwas Schnee.

Und auch am morgigen Silvestertag ist in Deutschland noch kein
Winterwetter mit Schnee in Sicht. Zwar beginnt das Hoch "Yörn" über
Mitteleuropa langsam zu schwächeln. Um nicht völlig an Macht
einzubüßen, bändelt es mit dem kräftigen Hochdruckgebiet "Zhygimont"
über dem nordöstlichen Atlantik an. Nachfolgend wird jedoch von
Norden her der Weg für Tiefausläufer frei. Mit einer nördlichen
Strömung bringt dieser Anfang des neuen Jahres kühle Luft aus
Skandinavien nach Deutschland. Gleichzeitig setzen Niederschläge
ein, die ab der Nacht zum Montag (2. Januar) teilweise bis in tiefe
Lagen als Schnee fallen.

Wie lange sich die winterliche Episode halten kann, ist aber noch
unsicher. Für Winterfans besteht aber berechtigte Hoffnung, dass bei
einer überwiegend nordwestlichen bis nördlichen Grundströmung auch
über einen längeren Zeitraum zumindest in mittleren und höheren Lagen
winterliche Wetterbedingungen vorherrschen könnten.

Dipl.-Met. Lars Kirchhübel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 30.12.2016

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