Thema des Tages

14-01-2017 14:40

EGON der Schnellläufer

Erstmals auf unseren Wetterkarten erschien Egon als gänzlich
unscheinbares Randtief an der Kaltfront von Dieter am Donnerstag 01
Uhr südwestlich von Irland. Zu dem Zeitpunkt wussten die
Wettervorhersagemodelle schon länger, was sich da zusammenbraut.
Mittags erreichte Egon die Westspitze Frankreichs.
Donnerstagnachmittag trat Egon über dem Südausgang des Kanals
erstmals mit eigener geschlossener Kernisobare auf unseren
Wetterkarten auf. Deutschland erreichte das Tief am Donnerstag 00 Uhr
in der Höhe von Mönchengladbach, um lag es bei Braunschweig, zog dann
nördlich an Berlin vorbei und verließ Deutschland um 12 Uhr bei
Schwedt über die Oder Richtung Polen. Die Reisegeschwindigkeit von
EGON betrug also ca. 1000 km pro Tag, über Deutschland in der Nacht
etwa 70 km/h. Daher der Name Schnellläufer, denn normalerweise sind
Tiefs bei uns mit ca. 30 bis 35 km/h deutlich langsamer.
Diese Schnellläufer sind sowohl bezüglich ihrer Entwicklung als auch
ihrer Zugbahn nur schwer vorherzusagen. Die Zugbahn ist deshalb so
wichtig, weil die Auswirkungen in Bezug auf Wind und Niederschlagsart
sich an der Nord- und Südseite des Schnelläufers deutlich
unterscheiden.

Zum Zeitpunkt seiner Entstehung hatte Egons "Muttertief" Dieter an
der Nordsee noch für orkanartige Böen gesorgt. Nach einer relativen
Ruhe mit schweren Sturmböen nur noch an der Nordseeküste gab es an
der Küste der Bretagne die ersten Orkanböen um 15 Uhr, um 18 Uhr 300
km nordostwärts bei Le Havre. Am Abend arbeiteten sich die
Unwetterböen im Flachland bis Reims vor und auch auf dem Feldberg im
Schwarzwald gab es gegen 20 Uhr mit 126 km/h die erste Orkanbö in
Deutschland.
Im Saarland wurden gegen 2 Uhr an den beiden 400m hoch gelegenen
Stationen Berus und Tholey mit 126 bzw. 120 km/h Orkanböen gemessen.
Beide Stationen lagen da schon knapp 300 km südöstlich von Egon
bereits auf der Rückseite des Tiefs.
Gegen 4 Uhr gab es auch in Baden Württemberg Orkanböen, die stärkste
mit 127 km/h in Stötten auf der Alb. Am Vormittag war Chemnitz mit
112 km/h der Spitzenreiter unter den "Nichtbergstationen".
Auf der Suche nach Rekorden landen wir natürlich auf den
windexponierten Bergstationen. 149 km/h auf dem Fichtelberg wurde als
höchste Bö in Deutschland gemessen. (Zur Erinnerung: Orkan Lothar
erreichte bis zu 272 km/h.)
Wie wichtig die Vorhersage der Zugbahn ist, können Sie der Abbildung
entnehmen. Der starke Wind tritt im Wesentlichen südlich der Zugbahn
auf, denn der Isobarenabstand ist südlich der Schnelläufer
üblicherweise deutlich enger als nördlich davon und damit der Wind
stärker. (Die maximalen Windgeschwindigkeiten der Abbildung wurden
zwischen 01 und 07 Uhr gemessen.)
Die Unwetterwarnungen wurden und werden derzeit vielfach wegen
Schneeverwehungen herausgegeben. Wie sieht es denn mit den
Schneehöhen aus?
In einem Streifen vom südwestlichen Niedersachsen bis zur
Odermündung, also nördlich des Tiefs, lagen Freitag früh in den
Niederungen verbreitet 5 bis 15 cm. In der milderen Luft südlich von
Egon gab es in den Niederungen nur örtlich eine geschlossene
Schneedecke.
Auf den Gipfellagen der windumtosten Mittelgebirge lagen Freitag früh
35 bis 85 cm, Samstag früh 50 bis 105 cm.

Dipl.-Met. Christoph Hartmann
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 14.01.2017

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