Thema des Tages

17-01-2017 14:40

Das sitzt tief...

Zugegeben, wenn man sagt, dass etwas "tief sitzt", dann sind häufig
Kränkungen oder Verletzungen im persönlichen oder beruflichen Umfeld
gemeint. Wir bewegen uns heute im "Thema des Tages" aber auf der
Straße des meteorologischen Mainstreams, auf der der Frost aktuell
die Pole-Position einnimmt. Und der sitzt teilweise auch schon ganz
schön tief - nämlich im Boden.

Die Meteorologen und andere Fachleute sprechen in diesem Zusammenhang
von der Frosteindringtiefe. Um in den Boden einzudringen, muss sich
der an der Erdoberfläche auftretende Frost gegen einen positiven
Wärmestrom aus dem Erdinneren durchsetzen. Die angesprochene
Frosteindringtiefe ist letztendlich die aktuelle Tiefe des
Null-Grad-Niveaus unterhalb der Erdoberfläche.

Selbst bei ähnlichen oder gleichen Rahmenbedingungen kann die
Frosteindringtiefe sehr unterschiedlich sein. So hängt sie
beispielsweise von der Art des Bodens und vom Bewuchs ab. Eine
mögliche Schneedecke reduziert den Energieaustausch und hemmt
entsprechend das Eindringen des Frostes in den Boden. Das gleiche
gilt für eine Eisdecke. Letzteres hat auch zur Folge, dass der Frost
in feuchtere Böden nicht so schnell bzw. tief eindringt wie in
trockene Böden, da beim Gefrieren Wärme frei wird und zusätzlich das
gefrierende Wasser dann ähnlich einer Isolierschicht das weitere
Eindringen des Frostes in den Boden erschwert.

Im Anhang zu diesem Thema des Tages finden Sie auch eine Grafik der
aktuellen Frosteindringtiefen. Der entsprechende Link auf die
DWD-Homepage lautet
http://www.dwd.de/DE/leistungen/bodenfrost/bodenfrost.html?nn=510076.
In der Karte ist schön zu erkennen, dass im milderen und
schneeärmeren Norden der Frost nicht so tief im Boden sitzt wie im
Süden, und dass nördlich des Erzgebirges durch die dort schon länger
vorhandene Schneedecke ein tiefes Eindringen des Frostes in den Boden
unterbunden wurde.

Doch wofür ist das Wissen um die Eindringtiefe des Frostes nützlich?


Für Meteorologen ist die Frosteindringtiefe ein wichtiger Faktor, um
die Gefahr von gefrierendem Regen abzuschätzen. Je tiefer der Boden
gefroren ist, desto mehr Regen kann - auch über einen längeren
Zeitraum - auf der Oberfläche gefrieren. Es braucht keine großen
prophetischen Fähigkeiten, um schon jetzt zu sagen, dass auch nach
der aktuellen Frostperiode eine einsetzende Milderung die Gefahr von
gefrierendem Regen und Glatteis mit sich bringen wird (nicht
zwingend, aber doch sehr wahrscheinlich, und im Norden Deutschlands
zeichnet sich eine entsprechende Entwicklung für den morgigen
Mittwoch ja auch schon ab).

In der Landwirtschaft ist die Frosteindringtiefe ebenfalls von
Bedeutung. Ein tiefes Eindringen des Frostes in den Boden kann
beispielsweise zu Frosttrocknis bei Pflanzen führen, da diese kein
Wasser mehr aufnehmen können. Auch Winterkulturen können geschädigt
werden, etwa durch das Absterben kleiner Wurzeln. Und selbst im
Zusammenhang mit der Einhaltung der Düngeverordnung ist die
Frosteindringtiefe relevant.

Da ist ihre Bedeutung für die Bauwirtschaft schon offensichtlicher.
Schließlich sollen Straßen und Gebäude selbst bei langen
Frostperioden keinen Schaden nehmen. Zahlreiche Schlaglöcher in
unseren Straßen deuten aber darauf hin, dass dies nicht immer der
Fall ist. Und manche dieser Schlaglöcher "sitzen" auch ganz schön
tief...

Dipl.-Met. Martin Jonas
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 17.01.2017

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